SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

30JUN2021
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Happy Birthday Deutsche Bahn. Ich will den Juni nicht zuende gehen lassen, ohne der Deutschen Bundesbahn gratuliert zu haben. Denn in diesem Juni ist der ICE 30 Jahre alt geworden. Seit 30 Jahren rollt er also durch Deutschland - und das mit Höchstgeschwindigkeit! In fünf Stunden erreiche ich von Karlsruhe aus Berlin. In sechs bin ich in Hamburg. Und nach München brauche ich nur drei Stunden. Schnelligkeit ist Trumpf!

Schnelligkeit ist Trumpf. Aber trotzdem fahre ich ab und zu mit dem Fahrrad nach Karlsruhe in mein Büro. Ich nehme ganz bewusst das Tempo raus, lasse das Auto stehen und steige auch nicht in die S-Bahn. Und wenn ich gemächlich durch die Welt strample, dann nehme ich meine Umwelt bewusster wahr: Die Häuser, an denen ich vorbeifahre. Die Menschen, die mir begegnen. Die blühenden Bäume. Der Duft der schweren Erde auf den Äckern. Das Singen der Vögel. Geschwindigkeit spart zwar Zeit, aber verhindert auch Erfahrungen.

Schnelligkeit ist eben nicht immer Trumpf - das gilt auch in Glaubensfragen. Wenn ich bete, erhoffe ich mir eine prompte Antwort auf meine Bitten. Und wenn ich ein Problem habe, soll Gott mir rasch eine Lösung zeigen. Ich will ja schnell weiter machen. Doch die Bibel erzählt davon, dass Gott nicht für schnelle Lösungen zu haben ist. Gott setzt mich nicht in den ICE mit Höchstgeschwindigkeit zu einer schnellen Antwort. Er lässt mir Zeit, nach links und rechts zu sehen, aufmerksam zu bleiben - wie beim Radfahren.

Darum gehört es zum Glauben, auf Gott warten zu können. Die Bibel hat dafür ein altes Wort, das es gut beschreibt: Das Wort „Harren“. Harren bedeutet: Aufmerksam, gespannt nach Gott Ausschau halten. So wie ich auf einen geliebten Menschen warte. Im Psalm 42 heißt es: „Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken.“ Harren ist das zuversichtliche Warten, dass Gott mich nicht vergessen hat, auch wenn er nicht so schnell auf meine Gebete antwortet, wie ich mir das wünsche. Der Beter des Psalms 42 macht mir Mut zum „Harren“. Es lohnt sich. Es ermöglicht neue Erfahrungen. Und am Ende werde ich dankbar sein für das, was Gott tut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33431
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