SWR2 Wort zum Tag

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Noch nie habe ich so viel Freude und Jubel erlebt wie bei Gottesdiensten der schwarzen Bevölkerung in Afrika. Auf einer Reise mit dem Rottenburger Bischof Gebhard Fürst im Januar haben wir mehrfach mit Gemeinden in Südafrika die Eucharistie gefeiert: In der Kirche „Regina Mundi“ in Soweto, einem der Townships von Johannesburg, in dem 1976 bei blutigen Unruhen viele schwarze Kinder von der weißen Polizei ermordet worden sind. Oder auch in Mafeking, einer Provinzstadt am Rande der Kalahari-Wüste, wo Bischof Fürst gemeinsam mit dem dortigen Bischof Erwin Hecht aus Oberschwaben 24 Jugendlichen die Firmung spendete. Überall war es dasselbe Bild: Festlich gekleidete Menschen, Kinder, Frauen und Männer, Greisinnen und Greise, die uns mit überwältigender Herzlichkeit empfangen haben, die im Gottesdienst singend und tanzend und mit schrillen Freudenschreien die Geheimnisse des Glaubens gefeiert haben. Wir haben diese Menschen auch in ihren alltäglichen Lebensumständen erlebt, ihre teilweise unbeschreibliche Armut, die Arbeitslosigkeit, die Gewalt, die allgegenwärtige Geißel AIDS. Auch in der Festtagsstimmung der Gottesdienste waren vielen die Spuren des täglichen Lebenskampfes ins Gesicht geschrieben. Und dennoch haben sie gesungen und getanzt, haben ihr Leben und ihren Glauben gesungen und getanzt. Bei der Gabenbereitung haben sie, wie es in der Bibel einmal heißt, „mit Jauchzen“ ihre Gaben zum Altar gebracht, um das Wenige, das sie haben, mit anderen zu teilen.
Am heutigen Abend feiern die Christen in der Osternacht den auferstandenen Christus. Sie jubeln ihm zu als dem erlösenden Licht in der oft tiefen Dunkelheit des menschlichen Lebens. In der frühen Kirche, so lesen wir in der Bibel, gab es den Brauch des Osterlachens. Die Menschen haben im Gottesdienst gelacht und im Glauben an die Auferstehung Christi sogar den Tod verspottet. „Tod, wo ist dein Stachel? Tod, wo ist dein Sieg?“, haben sie gerufen. „Der Tod ist verschlungen in den Sieg“, das war die Gewissheit, die sie bei allen Mühseligkeiten des Lebens und des Sterbens jubeln ließ. Was ist in unserem Glauben und in unseren Gottesdiensten von diesem Aufstand des Lebens gegen Tod geblieben?
Die lebendigen Gottesdienste in Südafrika haben sicher etwas mit der vitalen Fröhlichkeit afrikanischer Menschen zu tun. Aber es wäre zu oberflächlich, dies nur so zu sehen. Ich glaube, diese Menschen haben auf eine ursprüngliche Art verstanden, dass der Glaube an den auferstandenen Christus erlösen, befreien will. Eine Lebensfreude, eine Hoffnung, die sie im Gottesdienst feiern und die sie die Mühseligkeit ihres Alltags bestehen lässt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3340
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