Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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30JUN2021
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Kaffee oder Tee? Egal, welchen Starter Sie heute früh gewählt haben – statistisch steckt in jedem dieser Muntermacher eine Portion Sklavenarbeit. Sie haben richtig gehört: Die Sklaverei ist nur auf dem Papier abgeschafft. Real arbeiten weltweit um die 40 Millionen Menschen unter sklavenartigen Bedingungen – nicht nur in den Tee-, Kakao- oder Kaffeeplantagen. Die modischen Jeans, die Sie heute tragen, haben Mädchen und Frauen in Bangladesch für grade mal 40 Cent in der Stunde zusammengenäht. Arbeitsschutz, Mitbestimmung, Tarifverträge? Die wissen nicht einmal, wie man das buchstabiert. So wenig wie die afrikanischen Flüchtlinge, die in der Hitze Süd-Italiens als Arbeits-Sklaven auf den Tomatenfeldern schuften. Abhauen geht nicht, man hat ihnen die Pässe abgenommen. Wie den 1, 8 Millionen versklavten Bauarbeitern in Katar. Sie betonieren Stadien, Straßen und Hotels für die Fußball-WM. Sechseinhalb Tausend von ihnen, so schätzt man, sind dabei bereits zu Tode gekommen. Andere Arbeitssklaven schwitzen in den Bäuchen der Kreuzfahrtschiffe oder in den Koltan-, Kupfer- und Goldminen im Kongo, darunter auch viele Frauen und Kinder. Und was hierzulande in der Fleisch-Industrie abging, war von Arbeitslagern auch kaum noch zu unterscheiden.

Wo bleibt der Aufschrei aus christlichem Mund, frage ich mich. Denn der Gott der Juden und Christen ist ein Gott, der aus Arbeitssklaverei befreit. „Ich habe das Elend meines Volkes gesehen“, spricht er in der Bibel, „ich habe das Geschrei der Menschen gehört und ihr Leid gesehen. Ich bin herniedergefahren, sie zu erretten“ (Buch Exodus 3,7-8). Von Gott beauftragt, treten Mose und Aaron todesmutig vor den Pharao und erzwingen die Freilassung des versklavten jüdischen Volkes.

Eigentlich müsste das neue Lieferkettengesetz diesem schamlosen Treiben, der Arbeitssklaverei von heute, ein Ende setzen. Es ist leider nur ein „Gesetzchen“ draus geworden, gilt nur für große Unternehmen und greift gar nicht durch bis ins letzte Glied.

Wenn ich selbst nicht zum „Sklavenhalter“ werden will, darf ich nur fair gehandelte Ware kaufen und konsumieren. Sie verspricht eine gewisse Garantie, dass Menschenrechte beachtet und Menschenwürde gewahrt bleiben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33398
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