SWR4 Abendgedanken

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22JUN2021
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Mein achtjähriger Neffe Bruno ist großer Harry Potter Fan. Er liest jeden Abend mit seinem Vater daraus. Über den Zauberschüler, der gemeinsam mit seinen Freundinnen und Freunden große Abenteuer erlebt und für das Gute kämpft.

Harry Potter ist nicht nur ein Held, sondern auch ein großes Vorbild für viele Kinder in Brunos Alter. Dabei wird er nicht gerade als Superheld geboren. Er verliert schon früh seine Eltern, sieht mit Brille und seinem blassen Gesicht eher schwächlich aus und läuft lieber davon, um Ärger aus dem Weg zu gehen. Bis er dann eines Tages an die Zauberschule kommt und zu einem mutigen Kämpfer für das Gute wird.

Nicht nur Bruno, sondern wir alle brauchen solche Vorbilder. Vorbilder, die dazu motivieren, uns für das Gute einzusetzen. Uns stark zu machen für jemanden oder etwas, das uns wichtig ist. Auch wenn wir uns klein und schwächlich fühlen. Wir brauchen Vorbilder, weil es so viel Hoffnung macht, wenn wir erfahren, dass es sich lohnt, sich für eine bessere Welt einzusetzen.

Vorbilder verstecken sich nicht nur in Büchern und Abenteuergeschichten wie Harry Potter, sondern es gibt sie auch in unserem realen Leben. Dabei muss ich sofort an meine Kollegin denken, die das letzte halbe Jahr alles gegeben hat, um für ihre Schulklasse da zu sein. Sie hat den Kindern im Homeschooling Päckchen mit kleinen Aufmerksamkeiten nach Hause geschickt,und sich mit den Eltern beraten, wie sie diese Zeit gemeinsam am besten gestalten können. Und sie war besonders für die Kinder da, die sich zu Hause schwer tun mit all dem Lernstoff und der Einsamkeit.

Ich denke aber auch an meinen Neffen Bruno, der größer und stärker ist als die meisten Gleichaltrigen, aber sich immer um die Kleineren und Schwächeren kümmert, anstatt mit seiner Kraft seinen Willen durchzusetzen.

Das sind die Heldinnen und Helden in meiner Welt. Menschen, die mich motivieren, mich für eine bessere Welt einzusetzen. Die gar nicht dazu verpflichtet sind, etwas Gutes zu tun, aber an die Idee einer besseren Welt glauben und deshalb viel Energie und Zeit investieren, um das Gute wirklich werden zu lassen.

Niemand von uns wird als große Heldin oder Held geboren. Es gehört etwas dazu, wieder und wieder all meinen Mut zusammenzunehmen und mich für das Gute einzusetzen. Mein Neffe Bruno motiviert mich: Selbst zu einer Heldin für Andere zu werden.

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