Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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23JUN2021
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„Da komme ich echt an meine Grenzen!“ Ich finde es nicht so einfach, diesen Satz zu sagen. Denn: wer an seine Grenzen kommt und das auch zugibt, der macht sich verletzlich. Gerade im beruflichen Kontext. Da will man sich keine Blöße geben. Könnte ja sein, dass die Chefin einen für überfordert hält. Dabei ist Überforderung ein Phänomen unserer Tage. Gerade in den zurückliegenden Monaten der Pandemie.

Der Journalist Dirk von Gehlen hat einmal gesagt: Überforderung sei der neue default-modus unserer Zeit. Von Gehlen hatte dabei vor allem den Medienkonsum im Blick, aber ich finde: der Satz bringt ganz gut auf den Punkt, wie es in den letzten Monaten gewesen ist. Überforderung als neuer default-modus meint ja: Überforderung sei der neue Normalzustand. Mir hat das eingeleuchtet. Wenn ich in den vergangenen Wochen mit Freundinnen gesprochen habe, da sind wir uns meistens einig gewesen: wir waren erschöpft und angestrengt: Homeoffice, Homeschooling, plötzlich viel mehr Haushalt, weil alle immer zu Hause essen mussten, Wäscheberge, kaum Rückzugsmöglichkeiten.  Ja, wir haben uns überfordert gefühlt. Und zwar oft. Aber ich bin nicht gewillt, das als Normalzustand auf Dauer hinzunehmen.

Geholfen hat mir da ein Satz aus der Bibel. Ich weiß, die Bibel ist ein dickes, altes Buch. Aber manchmal, da fällt mir ein Satz ins Auge und durchs Auge gleich ins Herz. Und dann ist das alte Buch plötzlich ganz lebendig. Und in einem Gebet in der Bibel steht so ein Satz: „Gott schafft Deinen Grenzen Frieden (Ps 147,14).“ Als ich das gelesen habe, habe ich gedacht: ja genau: Gott weiß, dass ich begrenzt bin. Ich stoße an Grenzen, der Geduld, der Kraft. Grenzen wegen zu wenig Zeit. Aber offensichtlich ist das für Gott gar kein Problem. Es ist ok. Es ist in Ordnung, dass ich nicht alles schaffe. Es ist in Ordnung das manches liegenbleibt. Und es ist auch in Ordnung wenn Dinge nur so 80% gut sind, weil 100% gerade einfach nicht geht. Wenn Gott damit seinen Frieden machen kann, dann kann ich das vielleicht auch. Und dann lässt auch das Gefühl der Überforderung ein bisschen nach. Denn, dass wir Menschen begrenzt sind, das ist ganz sicher schon immer unser Normalzustand und damit kann ich leben. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33385
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