Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24JUN2021
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Heute ist Johannistag. Der ist Johannes dem Täufer gewidmet. Er hat zur gleichen Zeit wie Jesus gelebt. In der Bibel wird von ihm erzählt.

Johannes war ein starker und auffälliger Typ. Er hat Klartext geredet. Er hat öffentlich Missstände angeprangert und sich mutig mit mächtigen Leuten angelegt. Aber er war auch einer für’s einfache Volk. Wenn er gepredigt hat, sind die Menschen scharenweise zu ihm gepilgert und haben ihm zugehört. Er hat den Menschen ins Gewissen geredet, damit sie Gottes Gebote ernstnehmen. Und er hat selbst nach seinen strengen Maßstäben gelebt. Die Leute fanden ihn glaubwürdig.

Dieser starke Typ hat allerdings auch etwas gekonnt, was nicht jeder starke Typ kann. Er hat sich zurückgenommen und anderen Raum gegeben, damit sie sich entfalten und ihren eigenen Weg gehen können.

Johannes hat nämlich miterlebt, wie Jesus anfing, in die Öffentlichkeit zu gehen. Er hat Jesus dabei unterstützt. Jesus war ja noch unbekannt. Er ist anfangs längst nicht so gefeiert worden wie Johannes. Und ausgerechnet Johannes hat Menschen auf Jesus aufmerksam gemacht und sie zu Jesus hin umgeleitet. „Er ist wichtiger als ich“, hat er gesagt. „Hört ihm zu. Schaut, was er tut. Er ist der Retter, den Gott schickt. Nicht ich.“ Manche seiner Anhänger waren ziemlich entgeistert. Sie hätten es gut gefunden, wenn Johannes einen Machtkampf mit Jesus geführt hätte, um sich durchzusetzen. Johannes aber ist einige Schritte zur Seite gegangen und hat Jesus Raum gegeben. Er hat Macht und Einfluss abgegeben, hat sich selbst zurückgenommen. Dieser selbstbewusste Mann hat sich selbst nicht zu wichtig genommen. Und das, obwohl Jesus anders aufgetreten ist, als Johannes das von ihm erwartet hatte. Das hat den Johannes irritiert. Er hat sich dann aber nicht wieder selbst in den Vordergrund gedrängt und Jesus schlechtgemacht, sondern hat das Gespräch mit Jesus gesucht und hat nachgefragt.

Johannes wäre vermutlich sehr verwundert, dass es heutzutage einen Johannistag gibt.

Aber ich bin dankbar, dass jedes Jahr an Johannes erinnert wird. An einen starken Typ, der sich selbst nicht so wichtig genommen hat. Menschen wie er sind ein Segen, finde ich.

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