Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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17JUN2021
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„Ein Freund ist jemand, der die Melodie Deines Herzens kennt und sie Dir vorsingt, wenn Du sie vergessen hast.“ Ist das nicht eine wunderbare Einsicht in das Wesen der Freundschaft? Sie ist aus dem Griechischen und gilt natürlich genauso für Freundinnen. Ich finde mich in diesem Satz voll wieder und auch meine Freundschaften. Vor allem, wenn ich an meinen ältesten, besten Freund denke. Seit über 40 Jahren sind wir Freunde. Wir kennen also die Melodie im Herzen des Anderen und es gehört zu den wichtigsten, manchmal auch schwersten Momenten einer Freundschaft, den Freund daran zu erinnern, wer er ist. Und dabei mit ihm laut nach zu denken über die Dinge, die ihn gerade umtreiben oder leise nachzufühlen was ihn belastet. Ihn zu spiegeln oder auch zu warnen, wenn er sich von sich selbst entfernt. Und ihm helfen, er selbst zu bleiben. Inmitten aller Veränderungen, Entwicklungen und Zumutungen, die das Leben so bietet. Es ist aber unerlässlich, dass das gegenseitig ist. Wenn einer immer nur der Ratgeber, der Tröster oder die Stütze ist, dann ist das keine Freundschaft mehr. Wie in allen guten Beziehungen muss die Balance stimmen. Die Balance zwischen Geben und Nehmen, Hören und Reden. Für diese Balance braucht es Zeit. Und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen Lebenszeit. Durch eine mit den Jahren gewachsenen Freundschaft, in der Höhen und Tiefen geteilt wurden. In denen die Freunde füreinander da waren, in Freud und Leid. Zum anderen gehört zur Balance in der Freundschaft die regelmäßig miteinander verbrachte Zeit dazu. Freundschaft braucht Pflege. Aber nicht zwanghaft. Das Bedürfnis den Freund oder die Freundin zu sehen kommt ganz von selbst. Und gute Freunde können sich Wochen, manchmal Monate lang nicht sehen. Aber wenn sie sich dann sehen, ist es als wäre das letzte Mal gestern gewesen. Vielleicht ist das ja zu verstehen, wenn man die Wurzel des Wortes „Freund“ kennt. Freund kommt vom gotischen „frijo“. Und das hat zwei Bedeutungen: lieben und frei sein…

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