SWR4 Abendgedanken

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02JUN2021
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Was mag ich an mir eigentlich am meisten? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, oder? Ich meine: Mir fällt es eigentlich ziemlich leicht, zu sagen, was ich an mir nicht mag: Dass ich manchmal Sachen einfach rumliegen lasse. Oder, dass ich manchmal zu spät mit irgendwas anfange und dann in Stress komme. Oder, dass ich auch manchmal echt richtig genervt sein kann, was dann vor allem meine Familie aushalten muss.

Aber, was ich an mir mag – oder was ich gar an mir hübsch finde? Da muss ich schon ein bisschen drüber nachdenken.

Jesus wurde einmal gefragt, was eigentlich das wichtigste Gebot ist. Seine Antwort: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Dies ist das größte und wichtigste Gebot. Aber das folgende Gebot ist genauso wichtig: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.

Für mich heißt das: Ich kann mit anderen Menschen eigentlich nur so umgehen, wie ich auch mit mir selber umgehen kann. D.h., wenn ich mich selber nicht leiden kann, dann wird es mir auch schwerfallen andere Leute zu mögen. Und auch Gott zu mögen.

Und das wäre doch schade. Ich bin doch ganz richtig, so wie ich bin. Und Schwächen hat schließlich jeder. Und daran versuche ich zu arbeiten, indem ich z.B. probiere einfach rechtzeitiger mit meinen Aufgaben anzufangen.

Aber bei meinem Aussehen wird es schon schwieriger. In der Werbung und in den sozialen Medien wird mir immer versucht einzutrichtern: Du bist zu dick, oder zu dünn. Zu groß oder zu klein. Deine Haare sind zu lang und Dein Bart ist zu grau.

Ich glaube, deshalb fällt es mir manchmal so schwer, mich einfach hinzustellen und zu sagen: Ich danke Dir und staune, dass ich so wunderbar geschaffen bin  – das ist aus einem alten Gebet in der Bibel.

Und ich finde: Dieses Gebet sollte wichtiger sein als die Bilder aus der Werbung. Gott hat mich wunderbar geschaffen. Damit fängt es an. Ich glaube, wenn ich es schaffe, dass ich mich selber mag, dann gibt mir das so eine gewisse Grundzufriedenheit. So kann ich viel besser auf andere Menschen zugehen und auch sie so akzeptieren, wie sie sind.

Vielleicht reicht es ja schon, wenn ich morgens dem verschlafenen Typen im Spiegel einfach zulächle und ihm dann einen Kaffee mache.

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