SWR3 Gedanken

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04JUN2021
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Es solle niemand über Sie sagen, dass sie faul gewesen sei. Hat sich Kanzlerin Merkel vor ein paar Tagen gewünscht. Ich glaube ja, keiner will als faul verschrien sein.  Auch meine Kinder nicht, wenn die wieder auf dem Sofa liegen und in ihr Handy starren. „Ich bin nicht faul, ich habe gerade was auf Youtube für die Schule angeschaut!“ heißt es dann.

Faulheit, soll ja auch eine der sieben Todsünden sein. Aber ist das nicht interessant: In den zehn Geboten steht nichts darüber, dass man besonders fleißig sein soll- Dafür steht da, dass man den Feiertag heiligen und an diesem Tag nicht arbeiten soll. Die 10 Gebote gehen scheinbar eher davon aus, dass der Mensch dazu neigt, sich zu überarbeiten und das Ausruhen vergisst.

Mit den zehn Geboten im Rücken, denke ich: Gott wird mir dereinst nicht vorhalten, dass ich zu wenig gearbeitet habe. Dass ich nicht genug ausgeruht habe, vielleicht schon.

Deshalb bin ich jetzt auch gnädiger mit meinen Kindern. Ein Freund hat mir nämlich verraten: „Heranwachsende Kinder sind nicht faul. Wachsen, sich entwickeln und Reifen braucht sehr viel Energie. Es ist gut, dass die viel rumliegen“ „So wie Wein oder Käse?“ hab ich ihn gefragt. „Ja, so ähnlich!“ hat er mir zugezwinkert und hinzugefügt: „Die Kunst besteht darin, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, wann sie genußreif sind.“

So gesehen, ist also das Ruhen was ganz Aktives. „Man dient Gott auch durchs Nichtstun“, hat Martin Luther mal gesagt. Find ich einen guten Rat. Für scheidende Bundeskanzlerinnen und mich.   

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