SWR4 Abendgedanken

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25MAI2021
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Seit dem vergangenen Pfingstwochenende sind es fünf mehr an der Zahl. Männer, die als Ständige Diakone in der katholischen Kirche arbeiten. Fast dreieinhalb Tausend sind es nun in Deutschland. Diakone sind eine Art Grenzgänger. Weil sie in zwei Welten agieren. Sie haben einen ganz normalen Beruf, sind Polizist oder Werkzeugmacher, Landwirt oder Verwaltungsbeamter. Und sie arbeiten als Seelsorger für die Kirche. Manchmal an ihrem Arbeitsplatz und zusätzlich oft dort, wo es schwierig ist: im Krankenhaus, im Hospiz, mit Migrantinnen und Migranten oder mit geflüchteten Menschen. Ich finde, das ist ein ganz wunderbarer Beruf! Diakone sind für mich wie Boten: zwischen Kirche und Gesellschaft, zwischen Gott und den Menschen. 

In diesem Jahr wurden nur Männer zu Diakonen geweiht. Im letzten Jahr auch. So wie immer, seit dieser Beruf vor über 50 Jahren wieder eingeführt worden ist. Das ist schade. Und nicht nur für mich nicht nachvollziehbar. Weil es keine guten Gründe gibt, Frauen von diesem Amt auszuschließen. Denn ich weiß von vielen Frauen, die sich genau dazu berufen fühlen: von Gott zu erzählen an den Orten, wo sie als Frauen leben und arbeiten. Und auf ihre weibliche Art Menschen mit Gott in Kontakt zu bringen.

Einige Frauen, die so eine Berufung in sich spüren, haben sich zusammengeschlossen und geben eine bemerkenswerte Antwort: Sie lassen sich einfach zur Diakonin ausbilden. Ohne offiziellen Auftrag, ohne Zustimmung ihrer Kirche, ohne einen festen Weihetermin. Der erste Ausbildungsjahrgang wartet jetzt seit fast 20 Jahren auf seinen Einsatz. Der aktuelle ist in drei Jahren fertig. Dann stünden in Deutschland rund 40 Diakoninnen bereit. Die Frauen haben diese Entscheidung getroffen, weil sie es aus ihrem Glauben heraus für richtig halten. Prominente Mitstreiter und Förderinnen begleiten sie dabei. Eine davon ist Annette Schavan, Politikerin und ehemalige Botschafterin bei Papst Franziskus in Rom. Sie sagt. „Es ist ganz wichtig, dass wir als Katholikinnen und Katholiken unabhängig bleiben. Wir brauchen keine Angst vor Menschen zu haben, die uns immer wieder sagen wollen, was katholisch ist“. Diese Unabhängigkeit von den Strukturen der Amtskirche ist entscheidend! Die ist nämlich nicht vom Himmel gefallen, sondern im Laufe der Zeit so geworden. Vor allem aber wurde sie von Männern so gestaltet. Eine Berufung hingegen braucht keine Struktur und geschieht immer ganz unmittelbar; jeder einzelne wird dabei mit Gott konfrontiert.

Die Tatsache, dass diese Frauen sich nicht abhalten lassen und einfach anfangen ihren Weg zu gehen, das finde ich bewundernswert. Das stärkt mich. Und jede Frau, jeden Mann, der sich Gott und dem Nächsten verbunden weiß. Denn wir alle sind fähig, Gott zu hören oder etwas von ihm zu empfangen. Seine Botschaft richtet sich nie ans Geschlecht, sondern immer an die Person.

www.diakonat.de

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33217
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