Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

20MAI2021
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Ich habe Alex im Januar bei einer Rehamaßnahme getroffen. Er hat mir geholfen, das Gepäck in mein Zimmer zu bringen. Ein aufmerksamer und freundlicher Mann. Wir sind ins Gespräch gekommen. Und dabei habe ich ihn auch gefragt, was er beruflich macht. „Ich arbeite bei der Müllabfuhr“, hat er geantwortet und gelacht. Ich habe Hochachtung davor, dass er diesen Job macht und habe ihm das gesagt. Darüber hat er sich gefreut, weil er das nicht oft hört. Die meisten Menschen finden, dass er einen üblen Job hat. Ich habe mich gewundert. Eigentlich müssten doch alle froh sein, dass es Leute gibt, die unseren Müll abholen. Das stimmt zwar. Trotzdem behandeln ihn viele von oben herab, erzählt er. Sie halten Müllmänner für minderwertige Menschen ohne Ausbildung. Mich hat interessiert, wie Alex zu diesem Job gekommen ist und was ihm an seiner Arbeit gefällt. Er hat super Arbeitszeiten. Die erlauben ihm, seine Tochter aus der Kita abzuholen und am Nachmittag viel Zeit mit ihr zu verbringen. Außerdem wird er gut bezahlt. Er ist immer draußen und er mag seine Kollegen. Tolle Kumpel auf die er sich verlassen kann. Und, fügt er noch hinzu: meine Arbeit ist sinnvoll. Superwichtig.

Mich beeindruckt, wie selbstbewusst er das sagt.

Wie gut, wenn jemand weiß, dass er mit seinen Gaben wichtige Arbeit leistet für andere. Dafür verdient jeder Anerkennung.

Zurück aus der Reha habe ich Frau Kara getroffen. Mit ihr habe ich etwas Ähnliches erlebt wie mit Alex. Sie ist Reinigungskraft und putzt erst seit kurzem in unserer Schule die Klassenzimmer. Mir fällt auf, wie sauber die seither sind. Ich sage ihr, wie froh ich darüber bin. Strahlend antwortet sie mir: „Ich weiß! Meine Arbeit ist wichtig und ich mache sie gerne und gut. Gerade für Kinder muss es überall sauber sein.“

So ist es, wenn Menschen spüren, dass sie wichtig sind. Dass ihre Arbeit wichtig ist und auch, wie sie dabei anderen Menschen begegnen. Natürlich tut es gut, wenn andere das bemerken, und auch sagen, dass jemand seine Arbeit gut macht. Aber es ist noch wertvoller, das selbst zu wissen. Nicht abhängig zu sein von der Anerkennung anderer.

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