SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

12MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Unter unserem Apfelbaum haben heute früh keine Feuerchen gebrannt –  laut online-Wetter sollten  wir trotz der Eisheiligen ohne Nachtfrost davonkommen. Ein Stück Klima-Wandel – oder einfach ein bisschen Glück. An sich haben die alte Volksweisheit  und die langjährigen Wetterbeobachtungen Recht: In diesen Tagen kurz vor Mitte Mai  kommt es oft noch mal kalt und trocken aus dem Norden bis hierher.

Frost und Eis – ja nun. Aber warum „Eisheilige“? Die Betroffenen – also die Heiligen Pankratius Servatius Bonifatius und hier im Süden Sophia –  haben in den ersten vierhundert Jahren des Christentums gelebt; von denen hatte niemand etwas mit Kälte oder gar mit Frost zu tun –  weder im Leben noch im Tod. Nur bei Bonifatius von Tarsus geht es um Hitze: den haben sie mit heißem Pech gefoltert und ermordet,  weil er an seinem christlichen Glauben festgehalten hatte. Und dass ausgerechnet das Grab des Servatius in Maastricht  immer schneefrei gewesen sein soll –  diese Legende verdankt sich wohl eher seiner Rolle als Eisheiliger.  Auch keine Erklärung.

Die Erklärung ist einfacher – und erinnert daran,  wie umfassend Glaube und Kirche über viele Jahrhunderte das ganze gesellschaftliche Leben bestimmt oder mitbestimmt haben. Diese Tage mit Nachtfrostgefahr kurz vor Mitte Mai benennt man heute mit Datum und trockenen Zahlen –  also zehnter bis fünfzehnter Mai. Früher war es selbstverständlich,  sich eben an den Gedenktagen und Namenstagen der fünf Heiligen  zu orientieren. Pankratius ist heute dran, auch Pankraz genannt.  Und Sophia am Samstag heißt gern auch die kalte Sophie. Das war einfach farbig und lebendig und leichter zu merken als Zahlen; ähnlich wie der Johannistag im Juni. Weil in die Kirche gingen die Leute ja sowieso –  und da wurden die Tagesheiligen dann auch erinnert.

Eisheilige also – auch wenn alle hoffen,  dass es lieber ein bisschen warm bleibt.  Glück wünsche ich allen, bei denen die Obstbäume blühen  oder vielleicht gar schon der Wein ausgetrieben hat.  Wäre schade, wenn Servatius und die kalte Sophie und die anderen drei herhalten müssten für eine schlechte Ernte. Eigentlich sind sie und alle Heiligen ein Segen für die Welt –  so wie jeder Christenmensch ein Segen sein sollte für die Welt und die Menschen um sie herum.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33135
weiterlesen...