SWR3 Gedanken

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09MAI2021
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Inklusen – das sind die religiösen Extremsportler des Mittelalters. Ziel der Inklusen war es, die weltlichen Dinge auszusperren, um ganz bei Gott zu sein. Und dafür haben sie sich einsperren, meist sogar einmauern lassen - in Zellen, die an Kirchen angebaut waren.

Seit zwei Wochen gibt es sie wieder - die Inklusen, in St. Gallen am Bodensee. Dort lassen sich Freiwillige je eine Woche lang in einem hölzernen Anbau an der Kirche St. Mangen einsperren. Die erste von ihnen ist die Schweizerin Hildegard Aepli. Jeden Morgen erhält sie einen Kanister Wasser und ein Brot, später eine warme Mahlzeit. Und zwei Mal am Tag öffnet sie ein Fensterchen für Gespräche.

Das Vorbild von Hildegard Aepli ist die Heilige Wiborada, die vor über 1000 Jahren auch schon Inkluse in St. Gallen war. Wiborada war eine sehr kluge Frau. Bei ihr kamen viele wichtige Persönlichkeiten vorbei, um sich Rat zu holen. Dabei soll sie nie viel gesagt, sondern eher zugehört haben.

Inkluse sein – das klingt schon ein bisschen verrückt. Das Wort kommt von „einschließen“ oder vielleicht auch „einkehren - bei sich selbst“. Viele Inklusen haben berichtet, dass die Zelle einen ganz schön verrückt machen kann. Sie kann aber auch zu dir selbst führen und sogar zu Gott.

Sich einsperren lassen, um ganz bei sich zu sein, um weise zu werden, um mit Gott in Kontakt zu kommen. Das bestätigt, was viele spirituelle Persönlichkeiten immer wieder sagen: Der Weg zu Gott ist nicht leicht und führt immer durch die eigene Mitte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33105
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