SWR2 Wort zum Tag

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29APR2021
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In den letzten Wochen ist es quer durch das Land zu massiven Austritten aus der Katholischen Kirche gekommen. Ein wichtiger Grund: Die nicht ausreichende Art und Weise wie über sexualisierte Gewalt aufgeklärt wird. Genauso wichtig: Die Rolle von Frauen in der Kirche.

Viele, die nicht austreten, rufen nach Reformen. Und sie stehen in einer guten Tradition. Zum Beispiel in der von Katharina von Siena. Eine Frau, die in Armut aufwächst und später den Päpsten ins Gewissen redet. Eine Frau aus dem 14. Jahrhundert, die von heute sein könnte.

Zunächst geht Katharina einen unspektakulären Weg. Wird Nonne in einem Kloster. Sie pflegt Arme und Kranke. Und sieht, wie heruntergekommen ihre Kirche ist. Denn Katharina lebt in einer Zeit, in der sich drei Päpste gleichzeitig um Macht und Papstamt streiten. In der Macht und Einfluss wichtiger sind, als ein glaubwürdiger Glaube. Dagegen geht Katharina mehr und mehr auch öffentlich an. Sie kritisiert Bischöfe und Päpste ohne Scheu. Zu denen sagt sie: „Im Garten der Kirche müssen die faulenden Pflanzen ausgerissen und durch frische, duftende neue Pflanzen ersetzt werden.“

Kein Wunder, dass die Frau vor Kirchengerichte gezerrt wird. Aber Katharina setzt sich durch. Sie erhält sogar den offiziellen Auftrag, zu predigen und zu schreiben. Das macht sie auch. Die Frau aus einfachen Verhältnissen reist ins prunkvolle Rom, setzt sich bei den Päpsten für die Einheit der Kirche ein. Sie korrespondiert mit einflussreichen Persönlichkeiten in ganz Europa. Trotzdem muss sie mit Rückschlägen leben. Ihre Hoffnungen auf eine Kirchenreform erstickt der korrupte Machtapparat der Kirche.

In ihren Briefen lässt sich spüren, wie ohnmächtig und verzweifelt sich Katharina angesichts des Zustands ihrer Kirche gefühlt hat. Und trotzdem gibt sie nicht auf. Ihre Bücher erzählen von einem Glauben, der trotz dieser Kirche unerschütterlich bleibt und sie begleitet.

Heute gilt Katharina von Siena als eine der größten Frauen der Kirchengeschichte. Und es wäre gut, wenn sich heute viele ihre Kirchenkritik zu Herzen nehmen würden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33053
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