SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

30APR2021
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Als Kinder haben wir in der Nacht auf den ersten Mai Streiche ausgeheckt. Das kam nicht immer gut an, weil es Leute gibt, die nicht gerne geärgert werden wollen. Und manche Streiche gingen auch zu weit. Sich auf Kosten anderer lustig zu machen oder ihnen gar zu schaden, ist nicht gerade das, was man sich angewöhnen sollte. Andererseits: frech zu sein, über die Stränge zu schlagen - das gehört dazu, wenn man jung ist. Ich habe dabei meine Erfahrungen gesammelt und verstehe heute junge Leute besser, wenn sie ungestüm sind. Meistens ist es mir sogar lieber, wenn sie ein bisschen frech sind und nicht allzu angepasst. Wenn Ihnen also heute ein Streich gespielt wird, dann versuchen sie so gut es geht, darüber zu lachen.

Denn darum geht es doch, wenn der Mai beginnt, der Wonnemonat: das Dunkle, das, was einen bedrückt, abzuschütteln, sich frei zu fühlen; sich die Sonne auf den Kopf scheinen zu lassen, den schweren Wintermantel wegzupacken, die Blumen wachsen zu sehen, oft draußen zu sein an der frischen Luft. Und vieles mehr, was ich jetzt gerne aufzählen würde, aber nicht kann, weil die Pandemie es immer noch verbietet. Ich habe mir überlegt, was wir stattdessen tun könnten - quer durch alle Altersstufen -, um einen guten Auftakt für den Mai 2021 hinzubekommen. Was macht anderen Freude, was zaubert ein befreites Lachen auf ihr Gesicht?

Statt Klopapier könnten Kinder ein selbst gemaltes Bild ans Gartentor der alten Nachbarin hängen. Viele haben auf ihrem Handy schöne Fotos von allen möglichen Gelegenheiten. Die kann man mit einem lieben Gruß zum Ersten Mai verschicken. Oder ein paar Blumen auf der Wiese pflücken, wie früher als Kind, und jemandem vor die Tür stellen.

Mir persönlich hat am Ersten Mai schon im letzten Jahr etwas gefehlt, und das wird es auch diesmal nicht geben. Ich habe meine Maiwanderungen früher immer so geplant, dass ich mindestens an einem Fest im Freien vorbei gekommen bin. Wo es ein Bier und eine Wurst gab. Das mag ich so sehr. Morgen werde ich darauf nicht verzichten. Sondern im eigenen Garten den Grill anheizen. Und wenn ein Nachbar kommt, kriegt er auch eine Wurst. Coronakonform, mit genug Abstand. Aber auch mit genug Freude und Freiheit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33050
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