Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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23APR2021
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Manche Theologen halten Bittgebete für fragwürdig. Dass Gott auf menschliche Bitten in das Weltgeschehen eingreife – das sei weder mit einem modernen Gottesbild noch mit unserem naturwissenschaftlichen Weltbild vereinbar. Außerdem wisse Gott schon immer, was wir benötigen. Er brauche unsere Bitten nicht als Info. Deshalb sei es auch sinnlos, gegen Corona anzubeten.

Für diese Sicht spricht einiges. Ich stelle mir einen Landwirt vor, der um Regen für seine Saat bittet. Gleichzeitig betet der Tourist in der Ferienwohnung auf dem Bauernhof um Sonne für seinen Urlaub. Da kommt Gott ganz schön in die Bredouille. Trotzdem staune ich, wie leicht einige die Bittgebete abtun. Jesus wählt im Evangelium einen anderen Ton, wenn er sagt: Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet. Im Vater Unser lässt Jesus sogar ganz konkret beten „Unser tägliches Brot gib uns heute“. So deutlich sollen wir unsere Bitten vor Gott tragen.
Natürlich weiß auch Jesus, dass Gott unsere Bedürfnisse kennt, bevor wir sie aussprechen. Und für Jesus ist das Gebet gewiss keine magische Maschine, in die wir oben Bitten einwerfen und unten kommt die göttliche Erfüllung raus. Zugleich hat Jesus eine ganz konkrete Vorstellung von dem Gott, zu dem wir beten können. Wir sollen unsere Bitten an den liebenden, zugewandten göttlichen Vater richten. Wenn ich aber einen solchen Vater habe – wie sollte ich den nicht bitten? Und wie jedes Kind weiß, dass auch ein liebevoller Vater nicht alle Bitten so erfüllt, wie das Kind es sich vorstellt, so lässt auch der betende Mensch offen, wie Gott mit seinen Bitten umgeht. Gerade weil er weiß, dass ihm Gott immer gut will. Der heilige Thomas von Aquin sagt einmal: Gott gibt uns, worum wir ihn bitten – oder etwas Besseres. Und wie Gott seine Allmacht, mein kindliches Bitten und die Ordnung des Universums in Einklang bringt, das darf ich getrost ihm überlassen. Möglicherweise ist ja nicht mein Beten zu naiv, sondern das Welt- und Gottesbild einiger Gelehrter zu eng.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33030
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