SWR3 Gedanken

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20APR2021
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Die liebe Familie! Viele sehnen sich ja nach der perfekten Familie, nach perfekten Eltern, einem perfekten Ehepartner, perfekten Kindern.

Was war ich als junge Pfarrerin geschockt, als ich langsam begriff: es gibt sie nicht, die heile Familie. Bei meinen Gesprächen anlässlich von Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen habe ich gemerkt:

Irgendwas ist immer: Missverständnisse und versteckte, zum Teil offene Gemeinheiten, Lieblosigkeit und Überforderung, Gewalt – ob nun in Worten oder Taten -, Abhängigkeiten und Süchte aller Art. Aber auch äußere Umstände können einer Familie zusetzen: Armut und Arbeitslosigkeit zum Beispiel oder Vertreibung und Flucht.

Ich muss gestehen, Kirche hat ihren Teil dazu beigetragen, das Bild der heilen, heiligen Familie in den Köpfen festzusetzen. Dabei ist DIE heilige Familie der Bibel: Maria, Josef und das Jesuskind - gar nicht so heil: Maria wird außerhalb der Ehe schwanger, ihr Verlobter will sie verlassen und die junge Familie muss in ein fremdes Land flüchten. Als Jesus erwachsen war, war ihm seine Familie manches Mal einfach nur peinlich (Mk 3,21f), einmal kanzelt er seine Geschwister sogar öffentlich ab (Mk 3,33f).

Mich erleichtert es zu wissen: die perfekte Familie gibt es nicht. Und auch ich muss nicht perfekt sein. Es genügt, mir einfach ein bisschen Mühe zu geben. Mich zu bemühen, eine gute Tochter zu sein und eine gute Schwester, eine gute Ehefrau und Mutter, Tante und Cousine. Mich bemühen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32980
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