SWR3 Gedanken

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19APR2021
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Ich bin ein Waldkind. Aufgewachsen bin ich in der Nähe eines Waldes und meine Mutter war der Ansicht, dass Kinder – ob‘s stürmt oder schneit - nachmittags raus müssen. So haben meine Schwester und ich den Wald erkundet. Etwas weiter drinnen im Wald gab es eine Lichtung, ganz still war es dort und ein Bächlein plätscherte – hier, das war mir als Kind klar, würde ich, sobald ich erwachsen wäre, mein Hexenhaus bauen und Hexe werden. Nun bin ich nur Pfarrerin geworden, aber die Liebe zum Wald ist mir geblieben.

Im Wald ist die Luft eine andere. Hier kann man tief durchatmen. Es duftet nach Wald, nach Humus, nach Bäumen. Das tiefe Grün tut der Seele gut, genauso wie die Stille. Herrlich! Ich muss gestehen, ich bin sowas wie eine Wanderbeterin. Wenn ich Ruhe brauche, wenn ich Gott nahe sein möchte, wenn ich beten will, dann ziehe ich mir meine Wanderschuhe an und gehe in den Wald.

Ich verstehe, warum sich Menschen schon immer und zu allen Zeiten zum Wald hingezogen fühlen. Warum es heilige Haine gibt und Götterbäume. Wenn es knackt und raschelt, dann kann man wirklich an Waldgeister, Elfen und Zwerge denken. In Märchen sind Wälder meistens Orte, in denen sich die Heldin bzw. der Held bewähren muss, der Wald ist der Ort der Veränderung, der Wandlung.

Und das kann man ja auch an sich selbst feststellen: man geht in einen Wald anders rein, als man rauskommt. Der Körper entspannt sich, das Selbstvertrauen wird - wie durch ein Wunder - gestärkt. Für mich ist der Wald eine große Kapelle, die Bäume verbinden Himmel und Erde. Und ich bin mittendrin.
Wann warst Du eigentlich das letzte Mal im Wald?

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