SWR4 Abendgedanken

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07APR2021
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In Hamburg gibt es das sogenannte Rauhe Haus. Es wurde 1833 von Johann Heinrich Wichern gegründet. Wichern musste damals mit ansehen, dass viele Kinder in Hamburg auf der Straße lebten. Viele der Kinder hatten keine Eltern, oder waren von ihnen ausgesetzt worden. Viele waren straffällig geworden, sie hatten Brot oder andere Lebensmittel stehlen müssen, um auf der Straße zu überleben. Darum hat Wichern das Rauhe Haus gegründet. Es war das erste Kinderheim in Deutschland und der Beginn der diakonischen Arbeit in unserem Land. Im Rauhen Haus haben verwahrloste Kinder ein neues Zuhause gefunden. Dort konnten sie in kleinen Gemeinschaften zusammenleben. Sie haben Unterricht bekommen und später einen Beruf erlernt. Heute denken wir ganz besonders an Johann Heinrich Wichern, den Begründer der Diakonie, denn der 7.April ist sein Todestag.

Wichern war ein frommer Mann. Er hat beides nicht voneinander trennen können: Gott lieben und die Menschen lieben. Glaube und Tat. Beten und Helfen. Gottesdienst feiern und für soziale Gerechtigkeit kämpfen. Aber manchmal hat Wichern auch fast den Mut verloren, wenn er sah, wie viele Kinder Hilfe brauchten und wie viel Not es in unserem Land gab. Was konnte er schon dagegen ausrichten? Da hat er dann einmal gesagt: „Nur der kann sich der Not in ihrer ganzen Breite entgegen stellen, der den Mut hat zur ersten kleinen Tat.“

Mir geht es ja auch so: Ich denke auch manchmal: Was kann ich schon tun? Gegen die Klimakatastrophe? Angesichts der vielen Menschen, die aus Kriegsgebieten oder vor Hunger flüchten. Was kann ich schon tun, wenn Menschen in Booten auf dem Meer ertrinken oder Kinder im Jemen verhungern? Ich kann die Probleme nicht lösen. Aber Wichern sagt mir, dass der Mut zu einer ersten kleinen Tat ausreicht. Ich kann etwas Geld spenden. Ich kann die Flüchtlingsfamilie, die hierher in meine Stadt gekommen ist, freundlich aufnehmen. Ich kann Hassparolen und Rassismus entgegen treten. Ich kann meine einsame gewordene Nachbarin besuchen. Ich kann fair gehandelte Waren einkaufen. Jede kleine Tat zählt. Weil beides zusammengehört: An Gott glauben und sich für Menschen in Not einsetzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32900
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