SWR2 Wort zum Tag

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30MRZ2021
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Im südschwedischen Helsingborg gibt es jetzt ein ganz besonderes Museum, das „Museum des Scheiterns“. Hier geht es weder um Rekorde noch um besonders gelungene Werke – es geht gerade ums Gegenteil: Hier werden Produkte ausgestellt, die gefloppt sind, die zwar mal auf den Markt kamen, aber sehr bald wieder aus den Regalen verschwunden sind, weil kein Mensch sie haben wollte. Zum Beispiel grünes Tomaten-Ketchup. Oder ein säuerliches Parfüm der Motorradmarke „Harley Davidson“. Auch ein Donald Trump Brettspiel ist dabei.

Das Museum des Scheiterns beschränkt sich nicht nur auf Exponate. Sobald es wieder erlaubt ist sollen dort auch Events stattfinden. Gäste dürfen ein misslungenes Gourmet-Menü probieren oder ein Konzert mit Fehlern anhören.

Der Macher des Museums heißt Samuel West. Er sagt: „80 bis 90 Prozent aller Erfindungen scheitern. Aber die Unternehmen kehren das gerne unter den Teppich.“ Das kann ich verstehen. Man bekleckert sich schließlich nicht mit Ruhm, wenn etwas schief geht.

Das kenne ich von mir. Es ist nicht angenehm, wenn was nicht klappt. Und noch unangenehmer ist es, das auch noch zuzugeben: Ich prahle mit meinem Orientierungssinn und schon biege ich falsch ab. Oder wie oft vergesse ich in E-Mails, die versprochene Datei anzuhängen. Oder ich pampe meine Kinder an, obwohl ich nur etwas falsch verstanden habe.

Fehler kratzen am Image. Und werden die Fehler größer, dann ist schnell von Scheitern die Rede. Scheitern kann sich auf das ganze Leben auswirken: Wenn der Traumberuf ein Traum bleibt, weil die Anforderungen zu hoch waren. Wenn Beziehungen zerbrechen und Familien daran kaputt gehen. Oder wenn eine Geldanlage den Bach runter geht, und ich plötzlich ohne Sicherheit dastehe.

Aber trotz allem: Fehler machen und Scheitern - das ist auch eine Seite des Lebens. Und warum nur die Schokoladenseite zeigen? Samuel West, der Chef vom Museum des Scheiterns, sagt: „Ich hatte genug von all den Erfolgsgeschichten. Es ist wichtig, Scheitern zu akzeptieren. Daraus kann ich so viel lernen.“

Es täte doch gut, wenn Fehler wieder als etwas Normales angesehen werden, wenn sie wieder salonfähiger würden. Wenn ich sie ganz unverkrampft anschaue, dann kann ich auch besser aus ihnen lernen. Ich kann ganz ohne Groll überlegen, was da eigentlich schief gelaufen ist, und was ich das nächste Mal anders machen könnte. Vielleicht trägt das Museum des Scheiterns ja dazu bei. Denn hier wird Scheitern nicht versteckt, sondern ausgestellt und präsentiert - mit Vitrine und Lichtspot.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32873
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