Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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01APR2021
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Eigentlich hat er seine Ruhe haben wollen – der Mann auf der Palliativstation. Das kann man verstehen. Er hat viel durchgemacht. Die Kraft ist weg. Als es an der Tür geklopft hat, hat er sich lieber schlafend gestellt. Aber die Dame, die reingekommen ist, wollte nichts anderes, als ihm was Gutes tun. Pflegerische Hilfe – aber nicht das, was dringend nötig ist, sondern ein kleines Plus. Sie hat dann mit seiner Einwilligung angefangen, ihm die Füße zu waschen. Und dann einzucremen und zu massieren. Er hätte nicht danach gefragt. Aber als ich ihn später besuche, lächelt er selig in der Erinnerung daran und sagt, „Ich fühl´s jetzt noch, wie gut das tat, das war grandios.“ Er war am Boden und  wurde reich beschenkt. Bis in den kleinsten Zeh fühlt er diese Zuwendung, ganz lange. So kann´s gehen – eine kleine Geste verändert mein Erleben und verwandelt meine Niedergeschlagenheit in Hoffnung. Und die kleine Geste wirkt oft viel nachhaltiger, als Worte das könnten. Jesus hat das vorgemacht. Im Alten Orient haben sich die Menschen gegenseitig die Füße gewaschen. Das ist ein Zeichen der Gastfreundschaft gewesen und gar nicht unüblich. Vielleicht haben die Menschen in einer Zeit ohne Auto, Bus, Fahrrad noch besser gewusst, wie wichtig die Füße sind. Trotzdem ist es ein Skandal gewesen, als Jesus am Abend vor seinem Tod die Füße seiner Freunde zu waschen beginnt. „Das geht doch nicht!“ protestiert Petrus, „es muss doch andersherum sein!“ Es soll doch nicht der Meister die Füße waschen. Aber Jesus hat das extra so gemacht  - er wollte zeigen: Wer Gott folgt, der dient den anderen Menschen – egal ob er Chef ist oder nicht. Der Meister wäscht die Schüler. Ganz ohne Worte hat Jesus vorgemacht, wie man einander Gutes tun kann. Selbst angesichts des Todes.

Wenn sich einer dem anderen zuwendet, liebevoll, dann verändert sich was. Da wird der Glaube vom Kopf auf die Füße gestellt. Und Gottes Liebe wird spürbar an Leib und Seele.

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