SWR4 Abendgedanken

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24MRZ2021
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„Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere Menschen.“ Dieses Zitat habe ich vor kurzem auf einer Karte gelesen. Zugeschrieben wird es Astrid Lindgren, die es Pipi Langstrumpf in den Mund gelegt hat.

„Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere Menschen.“ Für mich heißt das: Ich bin frei und deshalb kann ich ruhig auch anders handeln und reagieren als andere Menschen.

Das ist allerdings etwas, das unheimlich viel Kraft kostet. Weil ich mich damit nicht unbedingt beliebt mache, weil ich manchmal mit meiner Meinung anecke, mich ins Abseits bringe oder andere eventuell vor den Kopf stoße.

Ich merke immer wieder, dass mich das an meine eigenen Grenzen bringt. Weil ich mich nämlich dann mit mir und meiner Position auseinandersetzen muss. Ich muss abwägen. Wie wichtig ist mir meine Position? Ist sie überhaupt richtig? Will ich dafür auffallen und anecken?

Einfach ist das nicht. Aber das hat auch niemand gesagt. „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind. Tu deinen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen.“ So steht es im biblischen Sprüchebuch.

Eine große Herausforderung. Aber eine, die notwendig ist. Immer wieder. Eine, die ich nicht anderen sagen muss, sondern die ich erst einmal selbst schaffen muss.

Das fängt schon beim Einkaufen an. Ich kann ein teureres, fair produziertes T-Shirt kaufen oder zwei für den gleichen Preis. Zwei sind ja eins mehr, aber die sind dann aber wahrscheinlich in China oder Bangladesh produziert, womöglich von Kindern für einen Hungerlohn. Wenn ich darauf verzichte, und etwas kaufe, das fair produziert wurde, dann sorge ich zwar nicht für mehr Lohn dort vor Ort, aber ich unterstütze auch nicht das ungerechte System, von dem nur die Händler profitieren.

Tu deinen Mund auf und mach nicht alles so wie andere es machen. Das ist mehr als nur ein Spruch, da geht es um eine Haltung. Vielleicht ecke ich damit an. Aber ich werde frei. Ich kann für andere die Stimme erheben. Vielleicht mache ich das mal beim nächsten Einkauf und klopfe nicht nur Sprüche, sondern handle danach.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32808
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