SWR2 Wort zum Tag

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19MRZ2021
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Druck, Druck, Druck. Von allen Seiten gibt´s immer mehr Druck. Ich spüre das selbst und bekomme es auch immer wieder berichtet. Druck von der Familie, weil sie mich braucht und sehen möchte. Druck vom Verein, weil der Vorstandsposten immer noch vakant ist. Oder Druck von der Geschäftsleitung, weil immer mehr Arbeitsbereiche zusammengelegt werden.

Wenn dieser Druck von mehreren Seiten kommt und einem immer mehr zuschnürt, dann fühlen sich viele ohnmächtig, die Luft geht aus. Und ab und zu wird man dann auch wütend auf alles, was Druck macht.

Ich habe eine Anregung dazu. Sie ist fast 900 Jahre alt, aber mir hilft sie immer wieder. Papst Eugen III. war gerade drei Jahre im Amt und hatte richtig Druck. Es gab nicht nur viel zu entscheiden und neu zu ordnen, sondern er hatte darüber hinaus noch Ärger mit Gegenspielern, musste aus Rom fliehen, und hat nach Verbündeten gesucht. Sein ehemaliger Lehrer war Bernhard von Clairvaux, einer der bedeutendsten Zisterziensermönche. Und der hat Papst Eugen etwas geschrieben, das helfen sollte gegen den Druck.

In diesem Brief vergleicht Bernhard von Clairvaux den Menschen mit einem Gefäß voller Wasser. Er schreibt: „Eugen, wenn du vernünftig bist, dann erweise dich als Schale und nicht als Kanal. Der Kanal empfängt nämlich Wasser und gibt es fast gleichzeitig weiter. Aber die Schale wartet, bis sie gefüllt ist. Und erst dann gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter.“

Ich kenne solche Brunnen, die Bernhard meint. Die gehen meistens über mehrere Etagen. In die oberste Brunnenschale läuft das Wasser aus einer Leitung hinein. Die Schale läuft über und gibt das Wasser jeweils an die darunter liegende weiter.

Übertragen auf mein Leben heißt das, dass ich nur dann gut bestehen kann, wenn mein Ressourcenbehälter ordentlich gefüllt ist. In stressigen Zeiten muss ich also besonders gut nach mir schauen, um leistungsfähig zu bleiben. Und das bedeutet nicht einfach nur eine Auszeit oder Urlaub mit gutem Essen und Wellness-Angeboten. Sondern das heißt, dass ich ständig Verantwortung habe für mich und die auch wahrnehmen muss: Ich sollte rechtzeitig ins Bett, ordentlich und gesund essen, Pausenzeiten einhalten, bei Terminen schauen, ob sie wirklich notwendig sind, und vor allem: Zeiten einfordern, in denen ich das machen kann, was mich wieder aufbaut: Rad fahren, in den Wald gehen, und manchen tut auch die Stille einer Kirche gut.

Schale sein, und nicht Kanal, sagt Bernhard von Clairvaux. Nur das weitergeben, was überfließt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32789
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