SWR2 Wort zum Tag

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18MRZ2021
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„St. Patricks Fegefeuer“, so heißt ein berühmter Wallfahrtsort in Irland. Er liegt auf einer kleinen Insel mitten im idyllischen See namens Lough Derg. Eine Wiese, ein Bootssteg, ein Kloster – das ist alles. Der Heilige Patrick soll sich einst hierher zurückgezogen haben als er entmutigt war und sich neue Impulse von Gott erhofft hat. Und auch heute noch kommen Menschen hier her, die sich etwas erhoffen, die ihr Leben überdenken und ändern wollen.

Seit gut 1000 Jahren landen Pilger auf der Insel. Heutzutage bleiben sie normalerweise drei Tage. Nachdem sie mit dem Boot angelegt haben, heißt es als erstes „Schuhe aus“, denn auf der Insel laufen alle barfuß. Und auch sonst ist der Aufenthalt auf „St. Patricks Fegefeuer“ alles andere als bequem. Drei Tage lang bei trockenem Toastbrot, Haferkeksen und Tee. Viel beten und wenig schlafen. Seltsam, trotzdem sind die unbequemen Pritschen im Kloster fast immer ausgebucht. Auch mich reizt diese Insel – zum einen, weil sie in Irland liegt, zum anderen aber auch, weil sich diese Art zu leben so sehr von meinem Alltag unterscheidet, weil ich mich ganz und gar auf etwas Neues einlassen müsste.

Der Prior des Klosters ist Richard Mohan. Er meint zu wissen, warum dieses Pilgerziel so beliebt ist. Er sagt: „Reduziert leben, wenig Reize - so findet man den Weg zum eigenen Ich leichter: barfuß und unbequem, aber umgeben von Stille und Frieden. Hier kann man lernen, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. “

Der Weg zum eigenen Ich scheint über Stille und Ruhe zu führen. Alles was mich ablenkt vermeiden, barfuß den Boden besser spüren, der mich trägt. Keine Zeit und Energie an die Frage verschwenden, mit was ich mir etwas Gutes tun, oder wie ich mich zerstreuen kann. Und dann natürlich die fremde Umgebung - eine Insel, ein Kloster - das ermöglicht auszubrechen aus dem, was ich kenne, was ich jeden Tag habe. So kann ich klarer sehen, was mein Leben bereichert, und was es vielleicht nicht braucht. Was mich selbst ausmacht, wer oder was dafür wichtig ist und mich bestärkt - und wer oder was auch nicht.

Der Prior des Klosters Richard Mohan hat über all die Jahre etwas beobachtet: Die meisten Menschen, die auf dem Bootssteg auf ihre Rückfahrt warten, sehen verändert aus. Der Aufenthalt auf der Wallfahrts-Insel hat etwas mit ihnen angestellt. Er sagt: „Trotz allem, was die Pilger entbehren mussten - wenn sie wieder von der Insel wegfahren, sehen sie ungeheuer erfrischt und gestärkt aus.“

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