SWR1 Begegnungen

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14MRZ2021
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Johannes Warth Copyright Bild: Janine Guldener.

Mut haben und überleben - für beides ist Johannes Warth Feuer und Flamme. Es steht sogar auf seiner Visitenkarte:

„Ich lebe davon, beruflich mit Leidenschaft Vorträge zu halten, Menschen zu ermutigen, dadurch kam auch irgendwann mal der Ermutiger ins Spiel, weil irgendjemand gesagt hat: ‚Mensch, Sie sind ein Ermutiger!‘, und da hab ich mir gedacht: ‚Das schreib ich auf meine Visitenkarte.‘, und als dann ein paar Wochen später jemand sagte: ‚Sie sind ja eigentlich ein Überlebensberater!‘, hab ich mir gedacht: ‚Das schreib ich auch auf die Visitenkarte.‘ - seitdem steht auf meiner Visitenkarte ‚Ermutiger und Überlebensberater‘.“

„Ermutiger“ und „Überlebensberater“ gehören beide nicht zu den klassischen Ausbildungsberufen. Man muss es gewissermaßen dadurch werden, dass man mutig genug ist, vom sog. klassischen Karriereweg abzuweichen:

„Von meinem Grundberuf her bin ich Schauspieler. War auch eine Zeit lang am Theater festangestellt - und hab mich dann aber in die freie Szene bewegt, wo ich dann irgendwann mal einen Auftrag bekommen hab, Fragen zu stellen in einem Führungskräftenachwuchstraining - die [Führungskräfte] im Prinzip so ein bissel aufmischen. Und das war eigentlich der Bingo für meinen neuen Lebensweg.
Früher war mein Ziel, Leute lachen machen. Als Komiker, als Entertainer und dann hat sich das aber eben gewandelt, weil ich zusätzlich zu dem Lachenmachen noch den inneren Auftrag, ist jetzt fast schon ganz groß, aber das Bedürfnis hatte: Ich möchte Botschaften mit auf den Weg geben. Nicht nur lachen machen, sondern auch vielleicht sogar weinen machen, nachdenklich machen, berührt machen.“

Und so habe ich ihn selbst erlebt: Johannes Warth schafft es, Menschen so zu berühren, dass sie die Worte nicht nur ins Ohr, sondern auch ins Herz lassen; bis hin zu den Stellen, wo Traurigkeit und Schmerz sitzen. Es geht gewissermaßen um Erlösung, aber nicht im Jenseits, sondern ganz praktisch und alltäglich:

„Emotional zu überleben, heißt auch, sich zu lösen von diesen klassischen, schwäbischen Banden, wie z.B.: ‚Was saget au d’Leit? Was saget au d’Leit?‘ Wenn ich überlege, wieviele Menschen ihr Leben traurig gestaltet haben, weil sie immer darauf gehört haben, was wohl die Leute sagen. Übrigens: Wenn man dann bei den Leuten‘ nachfragen würde, würden sie wahrscheinlich etwas ganz anderes sagen, weil dieses ‚Was saget au d’Leut ?‘ ist ja nur ein Gerücht, was umhergeht. Ich glaub, ich war 16 Jahre alt, als meine Mutter wieder mit diesem Satz ankam und dann hab ich zu meiner Mutter gesagt: ‚Frog se doch! Frog se doch!‘ - Geh doch hin und frag mal, was sie sagen. Und da würde ich als Überlebensberater immer sagen: ‚Ja, löst euch von solchen Knechtschaftsbanden, die wir ganz, ganz viele durch Kindheit haben.“

Sich von dem lösen, was das Herz knechtet - leichter gesagt als getan. Wie das gehen kann und wo Johannes Warth für diese Arbeit seine Inspiration herholt, verrät er uns nach der Musik.

 

 

Teil II:

Er ist von Beruf Ermutiger und Überlebensberater. Eigentlich genau das, was jeder gerade dringend braucht. Deshalb arbeitet er in seinem selbst gebauten Studio mit Videokamera und Mikrophon unverdrossen weiter. Denoch stößt Johannes Warth nicht nur auf offene Ohren. Regelmäßig begegnet er auch Skeptikern, die sagen:

„‚Herr Warth, des isch ja alles schön und gut, was Sie da verzählet, aber wisset’se, bei mir siehts ganz anderscht aus. Bei mir am Arbeitsplatz isch d’r ganze Tag schlechte Stimmung; d’r ganze Tag! Und wenn ich abends heim komm, gehts grad so weiter‘, und da hab ich wirklich mal zu jemandem gesagt: ‚Dann fahren Sie doch mal nach Hause, wenn Sie nicht da sind! Es kann sein: Sensationelle Stimmung und kaum tauchen Sie auf, verändert sich das.‘“

Da trifft Johannes Warth oft voll ins Schwarze und damit auf wunde Punkte. Doch anstatt Salz, reibt er Balsam in die Wunden. Und sein kraftvollster Balsam ist der Humor:

„‚Wenn Sie morgens in den Spiegel schauen, dann müssen Sie eines wissen: Das, was Ihnen dort im Spiegel begegnet, begegnet Ihren Mitmenschen täglich mehrere Stunden.‘ Das ist in der Regel immer ein Lacher. Und zwar bei denen, die an der Stelle auch ein Stück weit lachen im Miterschrecken: ‚Ach, du Schreck! Stimmt, so hab ich des noch gar nie gesehen.‘, und auf dieser Basis kann ich natürlich mit Mensch in ein anderes Gespräch kommen. Im Idealfall Menschen in die Reflexion zu bringen.“

Nicht nur Psychologie ist für Johannes Warth dabei eine wichtige Quelle der Erkenntnis, sondern sein eigenes Leben und sein Glaube:

„Mein Lieblingstest ist der, den mein Vater immer mit mir immer gemacht hat: Als Kind schon hat er mir immer ein Konfitürenglas - im Schwäbischen ‚a G’sälzglas‘ - ‚zuag’schoba‘ und sagte: ‚Des kriegsch du auf.‘ Und dann hab ich da dran gedreht mit voller Kraft und tatsächlich, es ist aufgegangen und ich glaub, ich war erst acht oder neun, als ich realisierte, dass mein Vater es vorher schon geöffnet hatte, aber er hat da bei mir erzeugt: ‚Das bekommst du hin.’“

Erlebnisse wie die mit seinem Vater sind eine Grundlage dafür, dass Johannes Warth auch mit Gott in einer liebevollen Verbindung leben kann. Eine Verbindung, die - weiß Gott - krisenerprobt ist. Tiefes Vertrauen und humorvolle Sprache - beides ist für mich gleichermaßen Johannes Warth:

„Ich glaube, manchmal lacht Gott über mich oder meine Aktionen, die ich mache, und sagt ‚Hey, des war klasse. Des hot m’r jetzt g’falla. Des war super!‘ Ich bin übrigens auch überzeugt, dass Gott mit mir Schwäbisch spricht. Es gibt ja diese Geschichte, dass der Schwabe der Letzte war, der die Sprache bekommen hat. Die ganzen Dialekte sind alle verteilt worden und am Ende war kein Dialekt mehr übrig, und dann kommt der Schwabe und sagt in einem astreinen Hochdeutsch: ‚Lieber Gott, das ist aber jetzt nicht gerecht, dass wir hier im Süden nicht auch noch einen Dialekt bekommen haben.‘ Und dann sagte der liebe Gott: ‚Ha, dann schwätzet’dr halt wie i.“

Und wer mag, schmunzelt dabei mit und ersetzt den Schwaben in dieser Geschichte einfach mit einem Landsmann oder einer Landfrau aus der eigenen Region.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32787
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