SWR2 Wort zum Tag

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„Schwarzbrot-Spiritualität“ – das ist die Wortschöpfung eines schöpferischen Theologen. Fulbert Steffensky hat so sein unlängst erschienenes Buch betitelt. Ein Wort wie ein Programm: „Schwarzbrot-Spiritualität“.

Aber was macht „Schwarzbrot-Spiritualität“ aus? Gar nicht so leicht zu sagen.
Vor kurzem bekam ich einen Anruf mit eben dieser Frage: „Da kommt ein Referent aus Hamburg nach Stuttgart und hält einen Vortrag mit dem Titel »Schwarzbrot-Spiritualität«. Was ist das eigentlich?“ Ich war einigermaßen verlegen. Spontan fiel mir zur Erklärung nur ein Gegenbild ein: „Toastbrot-Spiritualität“ – weißes, ungetoastetes Toastbrot, ohne Kruste, lätschig, nahezu geschmacksneutral.
Doch befriedigt hat mich meine Antwort selber nicht. Denn wofür steht positiv ausgedrückt »Schwarzbrot-Spiritualität«?
Was will der Fulbert Steffensky mit diesem Wort anregen?
Gewiss dies: ein Nachdenken über das derzeit so viel benutzte Wort „Spiritualität“. Dass ich unterscheiden lerne zwischen sehr verschiedener geistiger Nahrung. Schau genau hin, was du dir einverleibst: Schwarzbrot ist nicht die schnelle Schnitte zum raschen Verschlingen. Für Schwarzbrot brauchst du Zeit. Schwarzbrot musst du kauen, intensiv und ausgiebig. Dann erst entfaltet sich sein voller Geschmack – und dann erst kommst du auf den Geschmack. „Schwarzbrot-Spiritualität“ hieße dann: Es gibt geistige Nahrung, die braucht Zeit, bis ich ihren Gehalt spüre.

Bevor ich das Apostolische Glaubensbekenntnis – bevor ich das Vaterunser oder die Psalmen oder alte Choräle in ihrer geheimnisvoll fremden Sprache als altbacken abtue: Kaue intensiv! – nicht um gedankenlos wiederzukäuen – aber um dahinter zu kommen: Was für Erfahrungen verbergen sich darin? Was für eine Poesie? Was für eine geistliche Kraft?

Das Vaterunser ist ganz bestimmt ein besonderer Brocken „Schwarzbrot-Spiritualität“. Ein Gebet, in das ich mein Leben legen kann.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“– das, was wir heute brauchen und nicht in erst zehn Jahren meinen zu brauchen.
„Wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“ - weil wir selber schuldig werden und von Gott Vergebung erflehen.
Immer wieder erfahre ich - am Bett eines Kranken oder Sterbenskranken - das Vaterunser ist eine Trost und Kraftquelle, ein Gebet, das Ruhe schafft noch in größter Angst und Not - vom „Vater unser im Himmel“ bis zum Lobpreis „Denn dein ist das Reich – und die Kraft und die Herrlichkeit – in Ewigkeit“. Ein Gebet, das mein Leben mit Gott verbindet – Schwarzbrotspiritualität, die meine Seele ernährt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3277
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