Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

08MRZ2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Heute könnte man neidisch nach Berlin blicken. Die Hauptstädter genießen ein langes Wochenende. Denn der heutige „Internationale Frauentag“ist in Berlin seit zwei Jahren ein gesetzlicher Feiertag.

Auch im katholischen Kalender gibt es eine wichtige Neuerung. Papst Franziskus hat den Tag der Hl. Maria von Magdala, den 22. Juli, in den Rang eines Apostelfestes erhoben. Damit unterstreicht der Papst die herausragende Rolle der Frau, die als erste dem auferstandenen Jesus begegnete. Schon die frühen Christen hatten Maria von Magdala als „Apostelin der Apostel“bezeichnet.

Das allein aber reicht vielen katholischen Frauen nicht aus. Sie erwarten von ihrer Kirche mehr als nur Worte und Symbole der Wertschätzung. Wann endlich erkennt die Kirche an, dass sich auch Frauen von Gott berufen wissen? Seit Jahrzehnten diskutiert man über ihre Zulassung zum Diakonat. Dabei wissen alle, dass Frauen diesen Dienst in den ersten Jahrhunderten leisten durften. Schon Paulus erwähnt in seinen Briefen Frauen wie Phöbe und Priska, die christliche Gemeinden leiteten. Offen gesagt verstehe ich nicht, warum Papst Franziskus hier nicht konsequent voranschreitet. Die Zeit ist längst reif für eine solche Reform.

Was die Schriftstellerin Hedwig Dohm (1831-1919) vor über hundert Jahren im Kampf um das Frauenwahlrecht sagte, das gilt auch für die Forderung katholischer Frauen heute. Rechtfertigen muss sich nicht, wer Selbstverständliches fordert. Im Unrecht ist, wer Selbstverständliches vorenthält.

Auf Jesus können sich die Verantwortlichen in der Kirche jedenfalls nicht berufen. Sein offener Umgang mit Frauen war in seiner Zeit geradezu revolutionär. Und er rief nicht nur Männer in seine Nachfolge, sondern auch Frauen wie Maria von Magdala und viele andere.

Die Hl. Teresa von Avila, eine leidenschaftliche Ordensfrau, betete deshalb schon vor 450 Jahren:

„Herr, meiner Seele! Die Welt irrt, wenn sie meint, dass wir nicht öffentlich für dich wirken dürfen noch Wahrheiten aussprechen, um derentwillen wir im Geheimen weinen. (…) Aber es wird der Tag kommen, mein König, wo dieses alles bekannt wird. (…) Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32739
weiterlesen...