SWR3 Gedanken

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10MRZ2021
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Der Wäschesessel oder Wäschestuhl - kennt Ihr den? Also: Der steht meist in der Nähe des Betts und da sammelt sich die Wäsche, von der man nicht weiß, ob man sie nochmal anzieht oder doch in die Maschine schmeißt.

Für mich ist der jetzt in der Fastenzeit zu einer Art Gleichnis geworden. Als Ort für meine Lebenswäsche. Da hat sich nämlich in den letzten Monaten viel angesammelt. Vor allem auch Dreckwäsche. Da liegen noch die vergessenen Geburtstagsgrüße rum, die man endlich beantworten soll, der Streit mit der Tochter oder meine verletzte Eitelkeit, weil so wenige in den Gottesdienst gekommen sind. Ganz schön viel, was sich auf meinem Wäschesessel stapelt.

Und dann stelle ich mir vor: Gott kommt zu Besuch – das soll er ja gerne machen – und ich habe nichts, worauf er sich hinsetzen könnte. Weil mein Sessel ja voll mit dreckiger, oder halbdreckiger Wäsche ist. 

Also stehen wir so rum und unterhalten uns. Mir ist das alles ein bisschen unangenehm und natürlich sieht Gott den vollen Sessel und fragt das Peinlichste überhaupt: Soll ich Dir helfen? „Nein, nein, geht schon!“ sage ich. Aber das Ende vom Lied ist: Der Sessel wird nur noch voller und Gott lass ich lieber gar nicht mehr rein, wenn er klingelt.

Fasten heißt in diesem Jahr für mich: Ich mach mich mal an den Sessel mit der getragenen Lebenswäsche. Sortiere, räume auf und wasche. Erledige, was ich schon lange hätte erledigen müssen. Damit ich wieder wenigstens ein bisschen Platz habe, wenn Gott mal wieder bei mir vorbeiklingelt.

Und sollte ihm dann auffallen, dass manche Wäscheteile doch nur unter den Sessel geschoben sind, dann sag ich „Ja!“ wenn er mich fragt, ob er mir helfen kann.

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