SWR3 Gedanken

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09MRZ2021
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Von ihrer Oma, erzählt eine Freundin, hätte sie noch das Sterbehemd gesehen. Ihre Oma hatte es seit ihrer Jugend im Schrank hängen und sie wurde auch darin beerdigt. Früher bekamen tatsächlich manche Jugendliche zu ihrer Konfirmation auch ihr Sterbehemd. Damals dachte man wohl: wer erwachsen wird, soll sich auch erinnern, dass das Leben endlich ist – „Memento mori“ heißt das auf Latein: Bedenke, dass du sterben musst.

Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht die Frage nach dem Sterben für uns alle zur Aufgabe gemacht, denn wenn jemand selbstbestimmt sterben will, ist dieser Wille unbedingt zu beachten, sagt das Gericht. Und das heißt konkret: der Bundestag muss jetzt ein Gesetz entwerfen, das diese Selbstbestimmung unbedingt beachtet.

Aus der Aussage: ich bin sterblich! Wird jetzt eine Aufgabe: Wie gehe ich damit um, dass ich sterblich bin?

In der Bibel betet ein Mensch: Gott, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden (Ps 90,12) Ich habe das immer so verstanden: die Erinnerung an den Tod kann einen Menschen klug machen fürs Leben. So klug, dass ich gut lebe und achtsam mit dem Leben und dem Leben meiner Mitmenschen umgehe. Durch das Bundesverfassungsgericht ist da für mich plötzlich eine andere Frage: Wann und wie sterbe ich so damit ich sagen kann: Dieses Leben und Sterben war gut für mich und andere.

Eine Antwort darauf habe ich ehrlicherweise auch nicht. Ich kenne Menschen, die leben wollen und sterben müssen und Menschen, die sterben wollen und doch leben.

Ich jedenfalls wünsche mir Zeit so gut es eben geht, damit ich klug werden kann und Menschen, die mich begleiten und mir helfen darin zu vertrauen, dass Gott dabei ist – was immer auch kommt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32722
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