SWR3 Gedanken

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07MRZ2021
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Meine Erinnerung an jüdisches Leben in Deutschland schmeckt nach Brot. Weißbrot in ein einer länglichen, spitz zulaufenden Form. Oben auf dem Brot ist ein Zopf drauf. Das Brot gab es bei uns immer nur am Samstag – mit oder ohne Mohn -  und es trug den Namen „Berches“.

Berches oder Barches ist das Brot, das Jüdinnen und Juden am Sabbat essen und der Name kommt von „Berachot“. Das heißt Segen. Und bei uns im Ort gab es dieses Brot, weil wir früher eine kleine jüdische Gemeinde hatten mit einem kleinen Bethaus. Nach dem Krieg gab es keine jüdischen Menschen, keine Gemeinde und kein Bethaus mehr. Alles was geblieben ist, ist ein Stein des Bethauses, den man im Rathaus ansehen kann und das Brot am Samstag.

Ich bin sehr dankbar, dass sich diese Tradition bei uns gehalten hat über die Generationen hinweg. Und dass mir meine Oma erzählt hat, warum es bei uns den Berches gibt. Juden und Jüdinnen waren für mich immer Menschen, die dieses Brot gegessen haben. Und dass es sie nicht mehr gibt, und wir nicht mehr zusammen essen macht mich heute noch traurig. 

Viele Menschen wissen gar nicht, wie jüdisches Leben aussieht – früher und heute. Deshalb beschäftigt sich die „Woche der Brüderlichkeit“, die heute in ganz Deutschland beginnt, mit der Frage: Kann uns Computertechnik helfen, dass wir uns erinnern und einfühlen können? So dass sich zum Beispiel Besucher in einem Museum mit im Computer hergestellten Avataren unterhalten können.

Finde ich spannend – gerade auch für meine Kinder. Denen backe ich auch einen Berches. Hat mir meine Oma erzählt, wie das geht. So haben wir die Erinnerung auf der Zunge.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32720
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