Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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27FEB2021
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„Der Tod ist nichts, im Grunde gibt es ihn nicht. An den Tod glauben nur Leute mit zu wenig Fantasie.“ Das sagt die Romanfigur André im Buch „Ventoux“ von Bert Wagendorp. Wenn jemand stirbt, tot ist, dann ist es aus und vorbei. Das biologische Leben ist mit dem Tod zu Ende. Viele Zeitgenossen glauben auch, dass dann nichts mehr kommt. Ich glaube, dass dann irgend etwas weitergeht. Das in Worte zu fassen ist schwer. Manchmal reicht auch die Fantasie dafür nicht aus, zu beschreiben, was ich glaube. Als Christ glaube ich an eine Transformation, daran dass sich jeder verwandeln kann. Dass wir im Tod wundersam verwandelt werden.

Mich hat dabei ein Kirchenlied geprägt. Eins von Huub Oosterhuis. Er beschreibt ein Weizenkorn, wie es wächst und sich schließlich in ein Brot verwandelt. Dieses Bild benutzt Oosterhuis um das Leben Jesu zu deuten, wie er gestorben und auferstanden ist.

„Wer leben will wie Gott auf dieser Erde, muss sterben wie ein Weizenkorn, muss sterben, um zu leben. Er geht den Weg, den alle Dinge gehen, er trägt das Los, er geht den Weg, er geht ihn bis zum Ende. Der Sonne und dem Regen preisgegeben, das kleinste Korn in Sturm und Wind, muss sterben, um zu leben.“
Das Lied ist traurig und gleichzeitig gibt es mir auch Kraft. Es macht mich zuversichtlich, dass der Tod nicht das letzte Wort hat: Biologisch betrachtet ist die wunderbare Verwandlung des Weizenkorns zum Keimling kein Sterben, sondern eine Transformation: es wächst und wird zur Pflanze. Ich finde, das spürt man in diesem Lied.
Die letzten zwei Strophen holen mich vom Ende des Lebens zurück in die Gegenwart, in das Hier und Jetzt. Wir sprechen heute viel von solidarischem Handeln und Miteinander in der Gesellschaft:

„Die Menschen müssen füreinander sterben. Das kleinste Korn, es wird zum Brot, und einer nährt den andern. Den gleichen Weg ist unser Gott gegangen, und so ist er für dich und mich das Leben selbst geworden.“
Nichts muss bleiben, wie es ist. Etwas völlig Neues kann entstehen. Das Leben geht weiter und wir können uns gegenseitig nähren, auch in schwachen Momenten uns stärken und stützen. Für mich passt das Lied zu der Aussage der eingangs zitierten Romanfigur André: „Der Tod ist nichts. Im Grunde gibt es ihn nicht. An den Tod glauben nur Leute mit zu wenig Fantasie.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32658
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