SWR2 Wort zum Tag

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24FEB2021
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Manche Dinge im Leben kehren nach einem Jahr einfach wieder. Und sind dann doch anders als beim ersten Mal. Mit einem Kalender geht es mir derzeit so. Seit Jahren gib es dafür einen festen Platz. Normalerweise hängt da jedes Jahr ein neuer. Dieses Mal gab‘s irgendwie keine Gelegenheit, einen neuen zu kaufen. Stattdessen blättern wir den vom Vorjahr eben zum zweiten Mal um.

Die schöne Erfahrung ist: Die Bilder sind auch im zweiten Jahr lohnend. Und manches Detail sehe ich beim zweiten Blick noch einmal ganz anders.

Der zweite Blick auf die alten Bilder erinnert mich in diesen Tagen an eine andere, nicht so erfreuliche Wiederholung. Wie der Kalender geht auch die Pandemie in ihr zweites Jahr. Gerade in diesen Tagen geht meine Erinnerung häufig an das, was sich vor einem Jahr abgespielt hat. Das erste abgesagte Fest. Die ersten Toten in den Kliniken.

Das Virus ist nach wie vor nicht unter Kontrolle. Doch der diesjährige, der zweite Blick ist ein anderer – obwohl es dieselbe Geschichte ist. Nicht mehr die vage Hoffnung, die Pandemie möge irgendwie an ihr Ende kommen. Vielmehr die konkrete Hoffnung auf den Erfolg des Lockdowns und dann auch der Impfungen. Nicht mehr die bange Frage, ob denn Händewaschen und etwas Abstand ausreichen. Vielmehr ein Jahr voller Erfahrungen mit dem Verzicht auf vieles Vertraute. An Begegnungen denke ich, die ich vermisse. An abgesagte Urlaube. An Geburtstage, die nicht gefeiert werden konnten. Gottesdienste, die nur digital gefeiert werden konnten. Ich denke auch vertraute Menschen, die plötzlich „positiv“ gewesen sind. Ja, ich denke auch an Menschen, die Covid nicht überlebt haben. Jeden Abend zünde ich für sie und die vielen anderen eine Kerze an.

Geblieben ist für mich - trotz allem – die Hoffnung, dass es irgendwie weitergeht. Und dass in nicht allzuferner Zukunft doch auch wieder andere Tage kommen. Ein Satz aus dem Buch des Propheten Jeremia fällt mir dazu ein: „Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe“, lässt Gott da den Propheten wissen. Und der Satz geht weiter: „Es sind Gedanken des Friedens und nicht des Leides. Ich will, dass Ihr Zukunft und Hoffnung habt!“ (Jeremia 29,11)

Zukunft und Hoffnung! Daran möchte ich denken, wenn ich die alten Kalenderblätter umblättere. Und spüren, dass sie mir helfen, ganz fest auf eine neue Zeit zu hoffen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32645
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