SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

22FEB2021
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Vor einer Woche hat die Fastenzeit begonnen. In der jungen Christenheit diente diese Zeit der Vorbereitung der Täuflinge, die an Ostern getauft wurden. Ohne Ablenkung durch irgendwelche Genüsse sollten sie sich besinnen. Genau wie Jesus 40 Tage in der Wüste gefastet hatte, bevor sein öffentliches Wirken begann.

Ich will einmal ehrlich sein: so überzeugend hat das mit dem Fasten für mich früher nie geklungen. „Fasten“ heißt ja erst einmal Verzicht – und auf etwas zu verzichten, was man mag, naja, wer tut das schon gern. Aber, dieser Aufenthalt Jesu in der Wüste, diese Zeit des Verzichts, hat Jesus offensichtlich Zeit zum Nachdenken und Kraft für seine große Aufgabe gegeben. Und diesen Gedanken, dass Verzicht einen Gewinn bringt, habe ich spannend gefunden.

Dann habe ich vor ein paar Jahren im Gemeindebrief unserer katholischen Schwestergemeinde gelesen, dass dort eine Fastengruppe angeboten wird. Das hat mich neugierig gemacht. Ein paar Menschen mit Erfahrung im Fasten haben einfach erzählt wie das für sie ist. Der Anfang sei schwer, aber dann sei es sehr befreiend und gut für Körper und Seele. Und dann habe ich es ausprobiert. Nicht bloß „ich verzichte mal auf Schokolade“, sondern ich faste seitdem jedes Jahr um diese Jahreszeit ein paar Tage ganz. Der Körper muss sich erst umstellen, das geht nicht von heute auf morgen und der Arzt sollte vielleicht auch gefragt werden. Ich kann inzwischen sagen, es tut mir gut. Ich freue mich sogar ein wenig darauf. Durch den Verzicht fühle ich mich freier. Irgendwie kann ich von dem ein oder anderem loslassen, was mich in den vergangenen Monaten bewegt hat. Dazu habe ich den Eindruck, dass in mir Raum für Neues frei wird und die Freude am Leben zunimmt. Vielleicht mögen Sie das ja in diesen Tagen auch einmal ausprobieren. Ich finde, es lohnt sich.

Und, es muss ja gar nicht so ein großes Fasten sein. Es könnte ja auch etwas Kleines sein. Wie wäre es mit Schokolade, dem Glas Wein am Abend oder dem Handy? Was es sein könnte und einem gut tut, das muss jeder für sich selbst herausfinden.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32636
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