SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

14FEB2021
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Manchmal ist es ganz stark da. Dieses Gefühl. Wir beide, wir gehören zusammen. Schmetterlinge im Bauch. Auch nach 33 Jahren Ehe. Man kennt sich in- und auswendig und möchte sich doch keinen Tag missen. „Wann kommst du heute Mittag nach Hause?“ „Vergiss nicht, dir einen Schal umzubinden.“ Irgendwie schön. Da macht sich jemand Gedanken um mich. Und freut sich auf mich. In solchen Augenblicken weiß ich: es gibt sie doch! Die große Liebe.
Dieses Gefühl, als käms direkt von Gott. Die Liebe, eine Himmelsmacht. So ist das wohl.

„Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf. … Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ Wie Musik klingt das in meinen Ohren. Ein Hoheslied auf die Liebe. Es findet sich in der Bibel und zwar im neuen Testament. Paulus, der Apostel, hat es geschrieben in einem Brief, wo es um alle möglichen praktischen Fragen des Glaubens- und Zusammenlebens ging. Nach vielen praktischen Ratschlägen hat er  aufgeschrieben, worauf es ihm wirklich von Herzen ankommt: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle.“ Richtig poetisch ist er hier geworden - Paulus wusste wohl, wie sich dieses Gefühl „Liebe“ anfühlt und worauf es dabei ankommt.

Natürlich, man muss reden, miteinander reden. Mit Menschen- und mit Engelszungen. Mit diplomatischem Fingerspitzengefühl und unaufgeregter, besonnener Sachlichkeit. Eine Beziehung kann nur funktionieren, wenn man viel miteinander redet, glaube ich. Damit man gut miteinander auskommt, muss man Verabredungen treffen und Kompromisse aushandeln. Manchmal muss es auch krachen und richtig laut werden.

Vor allem aber gehört die Liebe dazu. Sonst bleibt alles Reden Gerede. Oder wird zum Dauerkrach. Oder zum zerstörerischen Schweigen.

Liebe gehört dazu, damit man es miteinander aushalten kann „in guten und in schweren Tagen“. Richtig berührend finde ich das, wenn alte Paare ihr Hoheslied der Liebe anstimmen. Nicht in den höchsten Tönen und nicht mit dem Himmel voller Geigen. „Ganz ehrlich, wir hattens ja nun auch nicht immer ganz leicht miteinander.“ Seufzt da mancher. Ich denke auch an den alten Herrn, dessen Frau gestorben ist, hochbetagt, genauso wie er. 62 Jahre lang waren sie zusammen, und dann ist sie vor ihm gestorben. Er ist sehr traurig. Und sehr dankbar. Lächelnd und auch ein bisschen wehmütig sagt er zu mir: „Sie war die Gärtnerin meines Lebens.“ War das schön! Es gibt sie also doch. Die Liebe. Eine Himmelsmacht.

Das Hohelied der Liebe. Ein biblisches Liebeslied, in dem kein einziges Mal das Wort Gott auftaucht und das doch ganz viel über Gott erzählt.
Denn Gott ist doch die Liebe. Er hat sie uns geschenkt. Und zwar in allen ihren Spielarten. Auch die Erotik. Auch die Sexualität. Das überbordende Verliebtsein der Jugend genauso wie die alten Lieben. Gott ist die Liebe und die Liebe ist das Beste, was er zu bieten hat, glaube ich. Deswegen ist das Hohelied der Liebe bis heute ein echter Evergreen geblieben  „Die Liebe hört niemals auf…“ So tönt es mir entgegen. Ach ja, wie schön…

Und tröstlich finde ich es überdies auch.

Kürzlich erzählte mir eine Freundin, dass sie und ihr Mann sich getrennt hätten. Das hat mich sehr überrascht. Die beiden waren für mich nämlich ein tolles Paar. Gemeinsame Interessen. Die Kinder aus dem Haus und gut versorgt. „Wir haben uns einfach auseinandergelebt.“ hat meine Freundin gesagt. Da habe ich wieder mal erlebt: Die Liebe hört halt doch manchmal auf. Oder kommt einem abhanden „wie einem anderen Stock oder Hut“ (Erich Kästner). Die Liebe erträgt eben manchmal doch nicht alles. Übersteht nicht jeden Berufswechsel und jede persönliche Entwicklung, die sich im Laufe der Jahre einstellt. Die Liebe zwischen Menschen fühlt sich manchmal eben doch tief gekränkt und unverstanden und bringt beim besten Willen nicht mehr die Kraft auf, das zu erdulden. Manchmal verändert sie sich, verlagert sich. Jedenfalls: so richtig steckt letztlich keiner drin, dass das gelingt, was man sich einmal auf vollem Herzen vorgenommen hat, glaube ich. Ja, die Liebe ist eine Himmelsmacht. Und so richtig vollkommen und unendlich ist nur Gottes Liebe.

Was bleibt? „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“ So klingt das Hohelied der Liebe aus der Bibel aus und erinnert mich daran: Gott ist die Liebe. Und seine Liebe bleibt. Gottes Liebe erträgt und erduldet alles, trägt und erduldet auch mich, wenn ich mit meiner Liebe an Grenzen komme. Das hoffe ich und wünsche Ihnen und mir, dass dieser Dreiklang weiterklingt, heute, in den nächsten Tagen „Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen!“ Bleiben Sie mit dieser Liebe Gottes behütet!

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