Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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19FEB2021
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Hanau, 19. Februar 2020, heute vor einem Jahr: ein junger Mann erschießt 9 Menschen, dazu seine Mutter und sich selbst. Die Opfer – außer seiner Mutter - waren allesamt Menschen mit Migrationshintergrund. Der Täter handelte aus rassistischen – rechtsextremen Motiven. Noch heute leben Menschen in Hanau in Angst, vor allem natürlich die Geflüchteten und die Migranten. Das tut mir Leid. Und ich verstehe es sehr gut. Auch wir hatten schon rechte Schmierereien vor unserem Haus … und es machte mir Angst.

Ich denke in solchen Situationen immer an den Satz aus der Bibel „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (1. Tim 1,7). Gott möchte, dass wir ohne Furcht leben können. Alle. – Und dazu müssen wir – glaube ich – als Gesellschaft  etwas tun. Jeder und jede.

Ich vermute der erste Schritt ist - auch öffentlich - zu sagen, dass man Angst hat. Ich höre als Seelsorger häufiger von Ängsten, ganz konkret, ganz individuell – aber immer sehr persönlich und berührend. Menschen haben Angst, wenn Sie auf die Straße gehen. Sie haben Angst vor Verfolgung oder Übergriffen. Aber es laut, öffentlich aussprechen wollen oder können viele nicht. Aus Angst belächelt zu werden oder gar lächerlich gemacht zu werden.

Menschen haben Angst – in Hanau und anderswo. Und aus der Angst auf allen Seiten wird Misstrauen und Hass, manchmal Gewalt.

Ich glaube deshalb heißt es auch im Bibelvers: „Nicht Furcht, sondern Kraft und Liebe und Besonnenheit.“ Für mich heißt das: Wir können und sollen einander unterstützen gegen Furcht und Angst.

Wenn jeder einzelne Mensch in Hanau und sonst wo, den Nachbarn und Bekannten deutlich macht, dass er mit Liebe und Kraft und Besonnenheit gegen Hass, Misstrauen und Gewalt steht. Wenn Sie und ich und alle anderen gemeinsam Sagen:
„Wir brauchen keine Angst haben, wenn wir zusammen stehen!

Keine Gewalt, ob körperlich oder verbal, wollen wir als Gesellschaft dulden, sondern wir stehen in Solidarität“. Dann kann es anders werden. Damit wir alle angstfrei leben können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32607
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