Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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18FEB2021
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„Die weiße Rose 2.0“ war ein Brief unterzeichnet, den ich neulich erhalten habe. Die anonymen Verfasserinnen oder Verfasser schreiben darin, dass wir uns als Kirche einsetzen sollten gegen die Maßnahmen, die aufgrund der Corona-Pandemie gelten. Sie vergleichen darin die heutigen Verhältnisse mit der Zeit der Nazidiktatur.

Eigentlich glaube ich, dass historische Vergleiche immer schwierig sind – aber manchmal kann es helfen Dinge klarer zu sehen. Beim Thema „Weiße Rose 2.0“ fällt es mir ganz leicht.

Heute auf den Tag genau vor 78 Jahren wurden Hans und Sophie Scholl verhaftet. Sie waren Mitglieder der „weißen Rose“. Tief im christlichen Glauben verwurzelt hatten sie sich dieser Widerstandbewegung gegen das Nazi-Regime angeschlossen. Aus ihrem Glauben zogen sie die Kraft, sich gegen Unrecht öffentlich zu wehren. Davon gab es in der Nazizeit viel.

Wer sich 1943 noch traute, öffentlich etwas gegen das Regime zu sagen war wirklich mutig und hoch gefährdet. So wie Hans und Sophie Scholl. Sie wurden verhaftet und wenige Tage später umgebracht.

Dies grausame und dunkle Zeit mit den heutigen Einschränkungen zu vergleichen ist nicht nur falsch. Es ist gar nicht möglich. Denn wir leben in einem Rechtsstaat der die freie Meinungsäußerung ermöglicht – und sei sie noch so seltsam. Wir sehen es:

Menschen demonstrieren und sagen und schreiben öffentlich was sie denken. Auch wenn immer wieder einige zu Unrecht das Gegenteil behaupten: Gefangenahme, Folter und Tod droht keinem der seine Meinung öffentlich kundtut.

Unsere Zeit mit der der Nazizeit zu vergleichen ist deshalb völlig unangemessen! Und alle die sich im christlichen Glauben verankert fühlen sollten gegen diese Vergleiche aufstehen und widersprechen.

Meine Meinung: „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (1. Tim 1,7).

Deshalb will ich denen deutlich widersprechen, die sich selbst zu Märtyrern machen. Und in Liebe und Besonnenheit für Solidarität mit den Gefährdeten und Schwachen in unserer Gesellschaft eintreten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32606
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