SWR2 Wort zum Tag

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15FEB2021
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Stell dir vor, es ist Fasnacht und keiner geht hin! Für echte Narren unvorstellbar – und trotzdem ist es so. Es gibt auch dieses Jahr keine großen Umzüge und kein närrisches Treiben mit Menschen, die sich verkleiden und maskieren ….

Viele vermissen das – ich auch! Denn es macht mir Spaß, in eine andere Rolle zu schlüpfen, mich nicht korrekt und angepasst zu benehmen, sondern auch mal über die Stränge zu schlagen. Die Seiten auszuleben, die ich mir normalerweise nicht zugestehe. Das ist leichter, wenn mich keiner erkennt und dazu hilft bekanntlich die Verkleidung und auch eine Maske. Aber nach einem Jahr mit Mund-Nasen-Bedeckung ist mir der Spaß an Masken (auch) ziemlich vergangen. Ich möchte endlich wieder den Menschen normal ins Gesicht schauen und selber frei und ungehindert atmen können, ohne dass immer gleich die Brille beschlägt.


Wir tragen die Masken, um uns und andere zu schützen. Beim Einkaufen und in der U-Bahn, in der Schule und beim Arzt. Für manche bedeutet das, dass sie den ganzen Tag eine Maske tragen müssen, was eine ziemliche Belastung ist. Hin und wieder fällt mir auf, dass dadurch auch – gezwungenermaßen – andere, ungelebte Seiten zum Vorschein kommen. Ich bemerke bei mir, dass ich durch die Maske mehr auf Rückzug gepolt werde, obwohl ich eigentlich sehr extrovertiert bin.


Und doch will ich mir meine Lebenslust nicht nehmen lassen. Schon gar nicht heute, am Rosenmontag. Ich habe mir eine Mund-Nasen-Bedeckung mit aufgedrucktem Schnurrbart besorgt. Ein bisschen Spaß und Humor muss schon sein. Das hilft auch schwierige Zeiten zu ertragen. Denn mit Humor schaffe ich mir ein wenig Distanz zu dem, was mich nervt, und relativiere zumindest für einen Moment, was mir unerträglich erscheint. Wer Humor hat, nimmt sich selbst nicht so wichtig und kann so die starren inneren Masken ablegen – auch wenn die äußere Maske noch eine Zeitlang bleiben muss. Humor: das ist der Fasching im Hosentaschenformat. Er lässt uns auch das Schwere leichtnehmen.


Wer zum Lachen anstiften kann, vertraut darauf, dass es schon irgendwie weitergehen wird – schlussendlich zum Guten. Von daher hat Humor durchaus eine spirituelle Dimension. Er ist der kleine Bruder der Hoffnung. Unverwüstlich wie das sprichwörtliche Unkraut, das nicht vergeht.

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