SWR3 Gedanken

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19FEB2021
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„Du bist so hässlich. Ich wünsche dir, dass du vergewaltigt wirst.“

So was Furchtbares hört Angela oft. Genauer gesagt, sie liest es oft. Und zwar auf ihrem Smartphone. Angela ist Altenpflegerin in Singen im Hegau und immer wenn sie Zeit hat, nimmt sie ihr Handy und schreibt oder liked. Und weil Angela nicht nur irgendwas Lustiges aus ihrem Leben postet, passiert ihr das oft, dass sie so beschimpft wird.

Angela macht mit bei #ichbinhier. Das ist eine facebook-Gruppe, bei der über45.000 Leute mitmachen. Angela und die vielen anderen kämpfen gegen Shitstorms und Hasskommentare. Sie legen immer dann los, wenn Leute bei facebook andere fertig machen wollen oder bewusst ihre Lügen verbreiten.

Angela stellt dann einen kurzen sachlichen Kommentar gegen die Beleidigungen oder Behauptungen. Und möglichst viele andere von #ichbinhier liken ihren Post. Im besten Fall stellen sich so  viele Menschen den schlimmer Kommentaren entgegen, und zwar auf menschliche Art und sachlich richtig.  

Vor ein paar Wochen hat Angela einen Kommentar zur Seenotrettung gepostet. Sie hat auf das Asylrecht in der EU verwiesen. 300 Leute haben darauf reagiert. Angela sagt dazu: „Die wenigsten davon waren nett. Aber ich lass das nicht an mich ran. Eigentlich komisch, denn im Offline-Leben bin ich total sensibel. Aber online kommen ja immer die gleichen Sprüche.“

Ich sehe Angela richtig vor mir, wie sie müde von der Arbeit auf dem Sofa sitzt und ihre Kommentare schreibt.

Angela zieht sich nicht zurück, sie bleibt und sie ist hier. Da ist der Name Programm. Denn genau so heißt die facebook-Gruppe: #ichbinhier.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32594
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