SWR2 Wort zum Tag

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Der Vergleich lag nahe: Von einer modernen Arche Noah haben Journalisten, Politiker und Wissenschaftler gesprochen. Ein plausibles Bild für das gewaltige Unternehmen, das letzte Woche, nur ein paar Hundert Meter vom Nordpol entfernt, gestartet wurde: Ein Tresor, ein riesiges Archiv für das Saatgut aus der ganzen Welt. Mais aus Mexiko, Kartoffeln aus Peru, Reis aus Benin und den Philippinen. Über hundert Länder haben schon Samen geschickt. Vor allem Weizen, Gerste, Reis und Hafer – Pflanzen, von denen wir leben. Im ewigen Eis von Spitzbergen sollen sie für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten bleiben. Geschützt und gerettet vor Kriegen, Vernichtung und Naturkatastrophen, nicht zuletzt vor den Folgen des Klimawandels. „Wenn das Schlimmste vom Schlimmen geschähe, würde die Samenbank ermöglichen, wieder Landwirtschaft auf unserem Planeten zu betreiben“, erklären die Wissenschaftler stolz.

Dem frommen Noah der Bibel hatte Gott den Auftrag gegeben, eine Arche zu bauen. Durch sie sollten Noah, seine Familie und ein Paar von jedem Tier verschont bleiben – gerettet vor der Sintflut, mit der Gott die durch und durch verdorbene Menschheit strafen wollte. Den biblischen Noah hat Gott gerettet. Und der moderne Noah muss selbst vorsorgen?
Die - zugegeben - verstörende und irritierende Geschichte von der Arche Noah und dem strafenden Gott hat zwei Seiten - und damit eine sehr herausfordernde, aber auch eine tröstliche Botschaft gerade wenn ich an die enormen ökologischen Probleme unserer Tage denke:
Denn Gott hat Noah auch das Versprechen gegeben die ganze Schöpfung zu erhalten und nie mehr der Vernichtung preiszugeben. Auch die größte Schuld des Menschen kann dieses nicht außer Kraft setzen. Und Gott besiegelt dieses Versprechen mit dem Zeichen des Regenbogens.
Das ist aber alles andere als ein Freifahrschein, gemäß dem Motto: „Nach uns die Sintflut!“ Oder besser noch, „die Sintflut haben wir ja schon hinter uns“. Dieses Versprechen Gottes nimmt uns in die Pflicht, verantwortlich mit der guten Gabe der Schöpfung umzugehen.
Dass Gott im Zeichen des Regenbogens versprochen hat, seiner Schöpfung treu zu bleiben, schenkt aber auch eine gewisse Gelassenheit: Wir können diese Verantwortung wahrnehmen, ohne uns selbst zu überfordern oder in Gleichgültigkeit zu fliehen: Eben auch viele kleine Schritte tun, viele kleine Archen bauen. Damit das Schlimmste vom Schlimmen erst gar nicht geschieht. Eigentlich hätte man in diesen Tagen einen Regenbogen über Spitzbergen sehen müssen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3253
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