SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

31JAN2021
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Sagen Sie mal: Wie stellen Sie sich eigentlich den Himmel vor?
Entschuldigen Sie, dass ich so ins Haus platze mit der Frage. Die meisten Menschen reden darüber ja nicht so viel. Der Himmel: na ja, das ist vielleicht irgendwann nach dem Tod. Kann ich mir nicht so richtig vorstellen, sagen viele. Wahrscheinlich ganz viel Licht.

Auf der anderen Seite kommt der Himmel in vielen Liedern vor. Meistens sind das Liebeslieder. Das passt. Himmel: das ist doch, wenn alles gut ist. Wenn sich alles so anfühlt, wie es sein soll. Himmlisch halt. Nichts fehlt. Himmel: das ist Glück pur. So oft haben wir das ja nicht.

Kann man denn dann nicht einfach im Himmel bleiben? Na ja, so einfach ist das leider nicht. Man kann ja auch nicht ein Leben lang verliebt bleiben. Ein Leben lang lieben – das schon eher.

Eine geheimnisvolle Geschichte in der Bibel erzählt davon, wie jemand einfach im Himmel bleiben wollte. Wie er da sogar ein richtiges Lager aufschlagen wollte. Das war Petrus. Petrus, der war ja schon ein ganz besonderer Jünger. So ein bisschen die rechte Hand vom Chef. Aber dabei so herrlich bodenständig!

So ist das auch in dieser Geschichte. Da hat Jesus den Petrus und die beiden Brüder Jakobus und Johannes mit sich auf einen hohen Berg genommen. Die drei waren unter den Jüngern so ziemlich die Wichtigsten.
Als sie oben auf dem Berg angekommen sind, da sind die wichtigsten Personen aus der jüdischen Glaubensgeschichte zu ihnen gekommen: Mose und der Prophet Elia. Die haben plötzlich neben Jesus gestanden und mit ihm geredet.

Und Petrus: der macht nicht lange große Augen, der spuckt in die Hände und packt an. Er schlägt Jesus vor: Lass mich Hütten bauen. Eine für dich und eine für Mose und eine für Elia. Damit die nicht gleich wieder verschwinden. Und damit wir auch für immer hier bleiben können. Hier ist es gut!

Petrus will das Glück festhalten. Für immer. Ich kann das gut verstehen!
Aber Petrus kommt nicht dazu, seine Hütten zu bauen. Jetzt erscheint eine helle Wolke, erzählt die Bibel, und daraus spricht eine Stimme und sagt über Jesus: Das ist mein lieber Sohn, der mir gefällt, auf den sollt ihr hören!

Die Stimme Gottes in der Wolke. Gut, die Geschichte spielt ja auch im Himmel. Aber die Stimme gibt tatsächlich einen Rat, wie man das Glück festhalten kann. Nicht Hütten bauen im Himmel, sondern: auf Jesus hören. Hier auf der Erde.

Man kann nicht ein Leben lang verliebt bleiben, habe ich eben gesagt. Aber ein Leben lang lieben – das schon eher. Das ist eine Frage der Einstellung. Und die kann ich von Jesus lernen. Wenn ich auf ihn höre. Wenn ich schaue, wie er das macht – so als Kind Gottes. Lernen, wie Glück geht.

Jesus hat sich nicht damit abgefunden, dass die Welt eben schlecht und unglücklich ist. Voller Vorurteile und Hass. Mit Gräben zwischen den Menschen.

Gerade über solche Gräben hat Jesus sich besonders gern hinweggesetzt. Und für die Menschen, die das erlebt haben, für die ist richtig der Himmel auf die Erde gekommen! Zu denen, die überall am Rand standen. Die nichts zählten. Die von anderen verachtet wurden. Himmel für die Zöllner und Huren, für die Aussätzigen und Blinden, Himmel für die Armen, Mutlosen und Verzweifelten. Die Bibel erzählt viele Geschichten davon.

Petrus hat schließlich gut gelernt, das Glück zu finden und zu den Menschen zu bringen. Da kann ich gut von ihm lernen. Gerade, weil Petrus so menschlich ist. Das Glück festhalten! Dem Glück eine Hütte bauen, damit es nicht gleich wieder verschwindet! Natürlich funktioniert das so nicht. Jedenfalls nicht auf der Erde. Das Glück verschwindet – und kommt wieder, ganz wie es ihm passt.

Aber ich kann schon etwas davon festhalten. Für mich und für andere. Ich kann in meinem kleinen Bereich versuchen, das Leben besser zu machen. Für Frieden sorgen unter den Menschen um mich herum. Traurige trösten. Für Gerechtigkeit sorgen. Barmherzig sein mit denen, von denen man keinen Dank erwarten kann. Jesus hat einmal gesagt, so kann man selig werden – glücklich!

Ich kann das lernen. Ich kann das üben. Und dabei kann ich von Petrus lernen, spontan und selbstverständlich etwas völlig Irres, eigentlich Unmögliches zu akzeptieren. Einfach zu sagen: Hallo Himmel! Hallo Glück! Toll, was hier gerade abgeht! Hier bin ich genau richtig. Hier richte ich mich jetzt ein.

Und so wie Petrus seine Hütten nicht für sich, sondern für andere bauen will, so ist das Glück erst dann vollkommen, wenn man es zusammen genießen kann. Aber nicht irgendwo auf einem hohen Berg, irgendwo weit weg von unserer Welt. Sondern hier. In meiner Straße, in meinem Viertel, in meiner Stadt oder meinem Dorf. Da, wo ich nicht allein lebe, sondern mit anderen zusammen, mit anderen um mich herum. Und da kann ich nicht nur – da muss ich Hütten bauen für das Glück! Hütten, keine Paläste. Rasch was zusammenzimmern, damit das Glück noch ein bisschen bleibt. Und allmählich mehr wird.

Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Sonntag!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32517
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