Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

24JAN2021
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Fliehen, vor etwas weglaufen - das gehört zu dem, was Menschen tun. Wenn wir vor etwas Angst haben. Wenn uns eine Sache unangenehm ist. Wenn wir einer Herausforderung lieber aus dem Weg gehen wollen. Der Instinkt, vor einer Bedrohung zu fliehen, ist tief in uns angelegt. Er ist die natürliche Reaktion, damit wir uns vor einer Gefahr in Sicherheit bringen. Im äußersten Fall hilft uns das, am Leben zu bleiben. Auch wer an Gott glaubt, bleibt so eine Flucht-Erfahrung selten erspart: Auch vor ihm will man manchmal weglaufen!

Ich verstehe meinen Glauben so, dass Gott mit mir geht. Ich lebe mein Leben, und Gott ist dabei. In dem, was mir passiert, steckt immer auch Gott drin. Egal ob alles glatt läuft oder ob es Schwierigkeiten gibt. Und die gab es. Mein Vater ist früh und überraschend schnell gestorben. Das hat in mir eine schwere Lebens- und auch Glaubenskrise ausgelöst. In dieser Zeit hatte ich auch daran gedacht, wie es nun wäre, die Flucht zu ergreifen. Ein neues Leben anzufangen. Auch meinen Glauben aufzugeben und vor Gott wegzulaufen. Wenn er mein Gott ist, dann hatte er mich schließlich in diese Lage gebracht. Es lag einfach nahe, mich dem nicht länger auszusetzen. Wie sagt Franz Kafka: “Mein Ziel ist: Weg von hier!“

Wer an Gott glaubt, und sich in einer Krise befindet, der kennt diese Gedanken und Gefühle. Deshalb wird davon auch öfters in der Bibel berichtet. Besonders eindrücklich im kleinen Buch des Propheten Jona. Es ist seine Lebensaufgabe, den Willen Gottes bekannt zu machen. Aber es gibt Aufträge, die seine Kraft übersteigen. Einer ganzen Stadt die Vernichtung anzukündigen. Lieber nicht; also haut er ab. Als er nach einer ersten Krise den furchtbaren Auftrag doch ausführt, ist Gott auf einmal barmherzig und will die Stadt verschonen. Und Jona steht dumm da. Was ihn ein zweites Mal in eine Krise stürzt. Diesmal meint er gar, sich den Tod zu wünschen, wäre der richtige Fluchtversuch. Dass Gott barmherzig sein will, erschließt sich ihm bis zuletzt nicht.

Es ist keine Schande, Angst zu bekommen und wegzulaufen. Sei’s vor einem menschlichen Problem, sei’s vor Gott oder dem, was man als seine Ansprüche zu erkennen meint. Das ist ganz und gar menschlich. Allerdings ist kaum damit zu rechnen, dass Probleme sich so lösen. Meistens ist es gut, sich nach einer Weile zu stellen und mit Hilfe eines anderen Menschen einen Ausweg zu suchen. Wer glaubt, mit Gott an der Seite, als sein Ratgeber, als Begleiter. Denn: Vor Gott weglaufen, kann man sowieso nicht.

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