SWR2 Wort zum Tag

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27JAN2021
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Ich weiß, sich erinnern ist nicht immer nur schön und „leicht“. Aber heute, am 27. Januar des Jahres 1945, kamen Soldaten der Roten Armee in Polen in das Vernichtungslager Auschwitz. Sie fanden noch etwa 7.000 überlebende Häftlinge in schlimmstem Zustand und schrecklichsten Verhältnissen. Allein in diesem Konzentrationslager wurden bis zu diesem Tag mehr als 1,1 Millionen Menschen von den Nationalsozialisten ermordet.

Auschwitz ist das Symbol des systematisch-industriellen Massenmordes an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten. Wie auch all derer, die das gleiche Schicksal erfuhren. Aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens, ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung, ihrer Lebensweise: z.B. Sinti und Roma, Homosexuelle, politische Gefangene, Kranke, Behinderte.

Darum wurde der Tag der Befreiung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen.“ Mit diesen Worten hat ihn der damalige Bundespräsident Roman Herzog 1996 eingeführt.

Erinnern, mahnen, wachsam sein. Ich meine, das ist immer noch das Gebot der Stunde. Auch heute in unserer Zeit. Vielleicht mehr denn je. Weil es wieder zunehmend Menschen gibt, die unverhohlen ihre rassistischen Parolen rufen und völkische Ideologien verbreiten. Die den Holocaust leugnen und andere zu Menschen zweiter Klasse erklären.

Der christliche Glaube sagt etwas dezidiert anderes. Er sieht in jedem Menschen Gottes Ebenbild. Das haben wir Christen gelernt. Das heißt: jedem Menschen ist etwas göttliches eigen. Darum ist seine Würde unantastbar. Alle Menschen sind zu ehren und zu achten, weil sie Gottes Ebenbild sind. Als Menschen mit schwarzer, gelber, roter oder weißer Hautfarbe. Als Mann und als Frau.

Damit in Zusammenhang steht ein Zweites: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Das heißt: Die Liebe, Achtung und Würde, die ich mir selbst angedeihen lasse und wünsche, steht eben auch dem anderen zu.

Als Christ fühle ich mich durch meinen Glauben verpflichtet dies weiterzugeben. Nicht nur heute. Jeden Tag. Im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und in der Verpflichtung gegenüber der heutigen Generation. Im steten Erinnern, mahnen, wachsam sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32460
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