SWR2 Wort zum Tag

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20JAN2021
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So help me God, wird heute Mittag US-Ostküstenzeit Joe Biden schwören; dann ist er der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und für viele die große Hoffnung, dass die Staaten und die Menschen dort wieder zu etwas mehr Vereinigung finden können,  weil er sie klug zu führen versteht. Meine besten Wünsche begleiten ihn dabei –  und das kurze Gebet am Ende des feierlichen Amtseides versucht ja irgendwie schon gleich am ersten Tag, auch den lieben Gott mitzunehmen bei einer Aufgabe, die eigentlich übermenschlich zu sein scheint.

Ja gut: „So wahr mir Gott helfe“, das bezieht sich eigentlich nur auf das „ich schwöre“. Und auch wenn Joe Biden der erste katholische Präsident seit langem ist –  oder gerade weil er so ausdrücklich Christ ist, macht mich das immer ein bisschen unruhig. Eure Rede sei Ja Ja oder Nein Nein, sagt Jesus im Evangelium; und: ihr sollt überhaupt nicht schwören,  weder beim Himmel oder bei der Erde, noch bei Jerusalem oder bei eurem eigenen Haupt... (vgl Mt 5,36) Das übergeht doch eigentlich ziemlich klar,  wer die Hand zum Schwur erhebt.

Gut – Verfassung und Gesetze verlangen das ausdrücklich, in Amerika und fast überall in der Welt. Und in vielen Bereichen ist es ja inzwischen auch möglich, zu schwören, ohne Gott anzurufen. Bleibt aber immer noch: ein Schwur. Und dazu sagt Jesus: Lasst das. Werdet einfach ehrlich und verlässlich. Sag „Ja“, wenn du Ja meinst – und „Nein“, wenn Nein – und gut ist. Dazu gäbe es in der US-Verfassung sogar eine andere Formel. Statt „Ich schwöre feierlich“  könnte Joe Biden auch sagen „ich beteuere – i do solemnly affirm“ –  und könnte Gott am Ende auch weglassen. Schon möglich, dass das ein wenig schwach wirken würde, nach allen Erfahrungen, die USAmerika und die Menschen dort mit dem abgewählten fünfundvierzigsten Präsidenten haben machen müssen. Konsequent biblisch wäre es.

Ich verstehe es einfach mal als ein Gebet; und das fände ich gut, weil   die Staaten und der Präsident so ein Gebet eigentlich auch von uns bräuchten: Dass Gott ihnen helfe auf dem weiteren Weg – und dass alle Parteien jenseits des Atlantik wie auch hier in Europa und überall das wissen und es sich immer wieder klar machen: Es gibt einen Größeren als Staat, Wirtschaft und Menschen. Und diesem Gott kann sich ruhig anvertrauen, wer ihre oder seine Aufgaben in die Hand nimmt.

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