SWR3 Gedanken

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20JAN2021
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„Kann man Gottes Liebe spüren?“ Das hat mich Ronja über facebook gefragt. Das ist schon in einem echten Gespräch nicht einfach, aber ich hab´s einfach mal versucht. Ein bisschen umständlich habe ich angefangen, dass man Gottes Liebe am besten durch andere Menschen spüren kann. Wenn mir jemand genau die richtigen Worte zur richtigen Zeit sagt. Wenn mich jemand aufbaut oder mir aus einer Misere hilft: Starterkabel, Müsliriegel, Kleingeld. Ronja antwortet: „Ja, aber ist das denn Gottes Liebe?“

Ich hab nochmal nachgedacht und geschrieben: „Hast Recht, Gottes Liebe kann ich auch direkter spüren. Das sind seltene Momente, wo ich mit Glück erfüllt bin: Wenn´s draußen schneit, wenn meine Katze auf meinem Bauch liegt und schnurrt, in einer Kirchenbank, wenn im Gegenlicht Weihrauch aufsteigt, wenn mich so ein tiefes Gefühl trifft, dass ich geborgen bin.“

Dann Ronja wieder: „OK, das sind aber interpretierte Eindrücke von dir. Eine schnurrende Katze muss nicht gleich die Liebe Gottes verkörpern.“ Da hat sie natürlich Recht. Aber dann ist mir zum Glück etwas eingefallen, womit sie vielleicht zufrieden sein könnte. Ich habe geschrieben: „Es ist eigentlich wie bei der Liebe unter Menschen auch. Ein Blick, eine Berührung, ein lieber Satz – alles auch Interpretationssache. 100% sicher sein kann ich nie. Aber ich werd verrückt, wenn ich die Liebe jede Minute anzweifle. Letztlich ist es mit der Liebe Gottes nicht anders als mit der Liebe unter Menschen: Ich kann sie spüren, ihr vertrauen, darauf bauen. Aber in dem Moment, wo einer Beweise verlangt, da geht was kaputt.“

Ronja hat nicht mehr geantwortet. Vielleicht war sie zufrieden, aber wahrscheinlich ist sie einfach weiterhin auf der Suche – so wie ich auch.

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