SWR3 Gedanken

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18JAN2021
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Versteckspielen mit Papa gehört für meine Kinder zu den Highlights. Manchmal brauchen sie ganz schön lange, bis sie mich haben. Und auch heute ist es wieder so. Ich stehe strumpfsockig auf dem Fensterbrett in der Küche und bemühe mich, in eine Falte des Vorhangs zu passen. Da ruft es: „18, 19, 20 - ich komme“, und ich richte mich auf eine unbequeme Wartezeit ein.

Was ich schon alles gesucht habe! Zeugnis oder Generalschlüssel zum Beispiel. Wenn die weg sind, dann geht mir ganz schön die Muffe. Unbeschreiblich ist der Moment, wenn ich Dinge wiederfinde. Unsere Katze war mal 5 Tage verschwunden. Und dann nachts um elf höre ich die Katzenklappe und sie steht vor mir. Erleichterung pur, überströmendes Glück.

Gesucht wird aber noch mehr. Der richtige Beruf zum Beispiel. Oder die Liebe des Lebens, eine Heimat, die richtige Therapie oder den Sinn, warum ich überhaupt hier bin.

Gerade durchstreifen die Kinder die Küche. Ich halte die Luft an und mach mich noch ein bisschen dünner. Puh, nochmal gut gegangen. Ich kenne Kinder, die sind totunglücklich, wenn sie nicht gefunden werden. Und vielleicht ist das auch eine Sehnsucht von uns Menschen im Leben: dass wir gefunden werden: von jemandem, der mich so nimmt, wie ich bin oder letztlich auch von Gott.

Ich glaube an einen Gott, der mich gerne findet. Und ich glaube, es ist sinnlos, dass ich mich vor ihm verstecke. Aber zum Suchen und Finden gehören immer mindestens zwei. Einer der sucht, und jemand der sich finden lässt.

„Papa, hab dich!“ Mist, so war das jetzt nicht gemeint.

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