SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

19JAN2021
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Ein junges Mädchen namens Agnes wartet aufgeregt auf ihr Bewerbungsgespräch. Im Wartebereich neben ihr sitzt ein Mann. Als er bemerkt, wie nervös Agnes ist, gibt er ihr einen verrückten Tipp: „Sagen Sie Ihrem Chef beim Gespräch einfach er sei schön. Das wirkt wahre Wunder. Und es ist auch kein unehrliches Kompliment, denn wenn man jemandem sagt, dass er schön ist, macht ihn das schön.“

Gleich darauf ist es soweit. Agnes sitzt in ihrem Bewerbungsgespräch und nimmt all ihren Mut zusammen. Sie schaut dem Mann, der vielleicht ihr Chef wird, in die Augen und sagt mutig: „Sie sind schön!“ Der ist total perplex. Denn eigentlich hält ihn jeder für einen fiesen Kerl. Aber ab dem Moment, in dem er von Agnes hört, dass er schön ist, fängt er an sich zu verändern. Er wird immer liebenswürdiger und ist zu allen nett und freundlich.

Diese Geschichte erzählt das Theaterstück „Der Apoll von Bellac“. Und im Mittelpunkt steht dieses Zauberrezept: Wenn ich jemandem sage, dass er schön ist, macht ihn das schön. Aus diesem Gedanken hat sich sogar eine Methode in der Psychotherapie entwickelt, die sogenannte Bellac-Technik.

Mir ist aufgefallen, dass Jesus genau das Gleiche tut. Und zwar mit einem stadtbekannten Fiesling in Jericho namens Zachäus. Zachäus betrügt die Menschen und bereichert sich, wo er kann. Niemand kann ihn leiden. Aber als er Jesus trifft, sagt der sagt zu ihm: „Noch heute will ich bei dir zu Gast sein!“ Und ab dem Moment macht Zachäus eine echte Kehrtwende durch: Er beschließt, sein Geld von nun an mit Menschen zu teilen, die es brauchen.

Ich glaube, so wie der unbeliebte Chef durch das Kompliment von Agnes, so konnte Zachäus sich so radikal verändern, weil Jesus bei ihm zu Hause war. Damit hat Jesus ihm gezeigt, dass er schön ist – obwohl er sich so hässlich verhalten hat. Jesus hat in Zachäus nicht nur gesehen, wer er ist, sondern auch, wer er sein kann. Und so ist seine beste Seite erst zum Vorschein kommen.
Was mir dadurch klar geworden ist: Ich kann auf negative Menschen negativ reagieren und sie so vielleicht weiter in ihren fiesen Rollen bestärken. Oder ich kann dem Beispiel von Agnes und Jesus folgen und einfach mal probieren, nett und freundlich zu ihnen zu sein. Wenn ich selbst meine Haltung gegenüber anderen Menschen verändere, haben sie die Chance, sich auch zu verändern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32410
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