SWR2 Wort zum Tag

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15JAN2021
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Eigentlich mache ich gerne Pläne. Und freue mich, wenn es dann so läuft wie ich es mir vorgestellt habe. Im Moment ist das schwierig. Im Hin und Her zwischen Lockdowns und Lockerungen weiß niemand, was morgen erlaubt und möglich ist.

In dieser seltsamen Situation habe ich ein altes Symbol für mich entdeckt. Das Labyrinth. Vielleicht kennen Sie das berühmte Labyrinth von Chartres. Auch in vielen anderen Kirchen und Klöstern ist es zu sehen. Eingelassen in die Bodenplatten kann man darin herumgehen und es ausprobieren.

Dann merkt man: Das Labyrinth ist kein Irrgarten. Man kann sich nicht verlaufen. Es gibt nur einen Weg, der zum Ziel führt. Der allerdings ist maximal verschlungen, mit vielen Umwegen und Kehrtwenden. Manchmal ist man dem Ziel schon recht nahe, um dann wieder ganz weit an den Rand geleitet zu werden. Dennoch muss man weitergehen. Genau wie im Leben eben.

Für mich ist das Labyrinth aber trotz allem ein tröstliches Bild. Es erinnert mich an das, was ich als Christin glaube. Und zwar aus zwei Gründen:

Der eine ist: Im Labyrinth gibt es keine Sackgassen. Trotz aller Wendungen führt der Weg immer weiter, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht so aussieht – oder nicht so geht, wie ich es mir vorgestellt habe. Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, so gibt der Prophet im Buch Jesaja Gottes Worte wieder, und eure Wege sind nicht meine Wege. Das ist eine Zumutung für Menschen, die gern planen. Aber es heißt auch: Es gibt einen Weg. Ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden, so heißt es am Ende der Verheißung.

Das zweite, was am Labyrinth für mich tröstlich ist: Am Ende des Weges gelangt man auf jeden Fall zum Ziel. Das heißt doch auch: Es gibt keine toten, sinnlosen Zeiten im Leben. Egal, wie das vergangene Jahr gewesen ist, egal, was als nächstes kommt: Alle Wege im Leben haben ihren Sinn: Die erfüllten Zeiten, in denen man sich dem Ziel ganz nahe fühlt. Aber auch die Zeiten am Rande sind nicht sinnlos, wenn man sich scheinbar aussichtslos weit vom Zentrum entfernt. Denn auch da ist man auf dem Weg zur Mitte.

Das Labyrinth ist deshalb für mich ein gutes Symbol für mein Leben. Es sagt: So lange dein Leben dauert, bist du auf dem Weg. Und egal, wie gut du dein Leben planst und organisierst: Du kannst nicht immer selbst bestimmen, wo es hingeht. Aber trotzdem gibt es immer einen Weg, der weiterführt. Und am Ende kommst du sicher ans Ziel. In die Mitte. Ich glaube: Zu Gott.

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