SWR2 Wort zum Tag

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Es ist faszinierend, wie sich, was Menschen wissen, ständig ausweitet! Immer mehr müssen wir auch wissen, um in der sich ständig verändernden Welt bestehen zu können. Lebenslang müssen wir lernen. Nur als Wissensgesellschaft können wir im ökonomischen Wettbewerb erhalten und behalten, was wir zum Leben brauchen.
Schon in der Bibel gibt es das Staunen darüber, was Menschen wissen und können. Ein Gedicht im Buch Hiob zum Beispiel schildert die erstaunlichen technischen Fähigkeiten des Menschen: In seinen Bergwerken gräbt er Stollen, erhellt die Tiefe mit Lampen, hängt an Seilen, schlägt aus dem Gestein Kostbarkeiten und fördert sie zutage. Voll Bewunderung schildert das Gedicht das Wissen des Menschen, seine Fähigkeit zu erfinden und zu finden. Aber dann plötzlich wird die Frage gestellt: Wo findet man - Weisheit? Wo hat sie ihren Ort? Sie sei kostbarer als alles, was der Mensch durch sein Wissen und Können finden kann. Man kann nicht nach ihr graben. Man kann sie auch nicht kaufen. Auch größtes Wissen kann sie nicht einfangen. Sie ist verborgen. Das hängt mit den dunklen Rändern der Realität zusammen, mit den unlösbaren Fragen, warum etwas ist, warum etwas so und nicht anders geschieht, worin sein Sinn liegt. Auch mit der Frage, wer ich bin und was ich tun soll. Vor solchen Fragen stößt menschliches Wissen an seine Grenzen.
Aber wo sind Antworten auf solche Fragen, wo ist Weisheit zu finden? Wer weiß vom Geheimnis der Wirklichkeit? Wer kann sagen, was dem Leben Sinn gibt, was Menschen vertrauen lässt und ihnen hilft, das Rechte zu tun? Bei Hiob heißt es: Gott weiß den Weg zur Weisheit. Nach Weisheit suchen, heißt also nach Gott fragen. Diese Frage hat Paulus in einem seiner Briefe so beantwortet: Jesus Christus wurde für uns zur Weisheit gemacht. Der also, der uns Menschen Gottes Liebe und mit ihr Weisheit bringt. Liebe ist dann der innerste Kern der Weisheit. Wer diese Liebe glauben kann und erfährt, weiß, dass sein Leben wert gehalten ist und darum Sinn hat, auch wenn es in ihm Schweres gibt, das man nicht verstehen kann. Wer Liebe glauben kann und erfährt, kennt die Ehrfurcht vor dem Leben und weiß von der Verantwortung für es. Denn auch fremdes Leben ist geliebt. Diese Liebe setzt Maßstäbe, auch für Forschung und Wissenschaft, und zieht Grenzen, zum Beispiel in der Gentechnik. Sie führt zur Erkenntnis, dass Wissensvermittlung mit den Fragen verbunden sein muss, von deren Beantwortung ein gelingendes Leben abhängt. Sie kann auch nicht zulassen, dass Menschen von nötigem Wissen und von Lebenschancen ausgeschlossen werden. Sie macht so das Streben nach Wissen, das Wissen und die Wissensvermittlung menschlich. Darum braucht Wissen Weisheit!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3237
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