Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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28FEB2008
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„Sorry seems to be the hardest word“ – Entschuldigung scheint das schwerste Wort zu sein, singt Elton John. Aber ich höre „Entschuldigung“ täglich zigmal: Das fängt schon morgens in der Bahn an: „Derzeit hat unser Zug fünf Minuten Verspätung. Wir bitten dies zu entschuldigen“. Mittlerweile ärgere ich mich fast mehr über diese heruntergeleierte Floskel aus dem Lautsprecher als über die fünf Minuten Verspätung. Es klingt fast so ein bisschen wie ein achtlos dahingesagtes „sorry“. Schnell gesagt und schnell vergessen, jedenfalls kaum ernst gemeint. Da ist „sorry“ doch alles andere als das schwerste Wort. Wird leichtfertig benutzt. An der Situation ändert sich nichts. Ich habe ja gar keine Chance, diese Bitte der Entschuldigung überhaupt anzunehmen. Und darauf kommt es schließlich an. Und wofür entschuldigt sich der Schaffner? Was hat er sich zuschulden kommen lassen? Wirkliche Schuld und wirkliche Entschuldigung ist doch etwas anderes. Wenn ich nachlässig oder gar bösartig bin und so einem Anderen schade, wenn ich absichtlich eine Hilfe verweigere oder jemanden in eine Falle laufen lasse. Das kann Schuld sein. Wenn ich da merke, dass was schief gelaufen ist, dann um „Ent-Schuld-igung“ zu bitten: Das ist nicht leicht; da kann „sorry“ wirklich ein hartes Wort sein, das mir nur schwer über die Lippen geht. Das kann weh tun, denn wer gibt schon gerne Fehler zu? Aber es kann auch befreiend sein – gesagt, in der guten Absicht, es beim nächsten Mal besser zu machen und den eigenen Fehler ernst zu nehmen. Und das Wichtigste: mein Gegenüber muss mich ent-schuldigen, das kann ich ja nicht selbst tun. Das tut er vielleicht eher, wenn er merkt, dass ich es ernst meine und eben keine Floskel benutze. „Buße“ und „Versöhnung“ nennt die Kirche das etwas altmodisch. Aber es ist wohl doch aktueller als gedacht, siehe Zugdurchsage. Etwas sparsamer mit dem großen Wort der Entschuldigung umgehen – und dann ernster gemeint; ich glaube, dann kann ich ganz neue, vielleicht auch überraschende Erfahrungen machen: Dass mich nämlich tatsächlich jemand ent-schuld-igt – und neu beginnen lässt: Da berühren sich dann wirklich Himmel und Erde. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3230
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