SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

20DEZ2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Jetzt steht es endgültig fest: Weihnachten wird anders dieses Mal. Wie so vieles anders geworden und anders gekommen ist in diesem Pandemiejahr. An Weihnachten sucht man gerne das Gewohnte, manches davon finden wir in diesem Jahr nicht. Aber Weihnachten fällt ja nicht aus. Ich habe mir jedenfalls fest vorgenommen, das Beste aus der Situation zu machen. Wie das ja viele tun in diesem Jahr. Warum sollte darin nicht auch ein Reiz liegen, wenn Weihnachten dieses Jahr anders sein wird? Mal nicht: „Alle Jahre wieder.“ Nicht: „Same procedure as every year.“

Mir kommt das mit Weihnachten in diesem Jahr ein bisschen vor wie Fasten. Fasten hat ja durchaus eine positive Seite. Freiwillig verzichten, aus gutem Grund, um dann wieder, wenn’s möglich ist, hoffentlich schon nächstes Jahr, ganz neu genießen zu können. Ganz neu genießen zu können, was wir mit diesen Festtagen an Weihnachten eigentlich für einen Schatz haben. Weniger kann doch manchmal wirklich mehr sein.

Wir müssen weiter auf Distanz bleiben. Masken tragen. Die Gottesdienste finden mit begrenzten Teilnehmerzahlen statt. Viele Kirchengemeinden planen daher im Moment Gottesdienste im Freien, vielleicht auf dem Marktplatz, wo der Abstand eingehalten werden kann. Zusammenrücken geht nicht. Lieder darf man keine singen. Ich merke, ich kann viel aufzählen, was alles nicht geht dieses Weihnachten. Aber kann ich auch dankbar sein für das, was dennoch möglich ist? Warum sollte Weihnachten einmal anders nicht auch schön werden? Ich freu mich jedenfalls trotzdem drauf.

Gut, ich gebe zu, das Treffen in der Großfamilie wird mir fehlen. Wir werden nicht wie sonst zu zwanzigst zusammenkommen können. Wir werden im kleinen Kreis beieinander sein. Vielleicht wird das stiller. Für manche wird Weihnachten in diesem Jahr sicher auch einsamer sein. Die Einschränkungen sind schon zu spüren, na klar. Aber sie sind halt notwendig, finde ich, gerade jetzt. Da führt nichts daran vorbei, wenn die Infektionszahlen einfach nicht runtergehen. Und ich denke, wenn was für Solidarität unter den Menschen steht, für Liebe, ja Liebe, die den anderen schützt, dann ist es doch das Weihnachtsfest. Finden Sie nicht auch?

Vielleicht ist es ja wirklich so, dass in der augenblicklichen Situation diese Botschaft von Weihnachten viel deutlicher wird, ja sogar viel heller strahlt als sonst.

 

Es hat, glaube ich, bisher kein Jahr gegeben, das mich so verunsichert hat. Und mir gezeigt hat, wie verletzlich das Leben von uns Menschen ist. Aber das ist doch gerade das Thema von Weihnachten. Dass Gott sich um das verletzliche menschliche Leben kümmert. An Weihnachten feiern Christen, dass Gott Mensch wird. Gott kommt in die Welt in einem kleinen verletzlichen Kind armer Leute. In einem Stall bringt Maria das Kind zur Welt, so erzählt es die Weihnachtsgeschichte. Unter erbärmlichen Umständen. Josef wird der einzige Geburtshelfer gewesen sein. Es wird gerochen haben, wie es in einem Stall halt so riecht. Ein Futtertrog wird die Krippe für das Kind.

Und doch erzählt die Weihnachtsgeschichte nicht nur das, was einem vielleicht verletzlich, erbarmungswürdig vorkommt. Sie berichtet auch von der Freude, die die Geburt des Kindes auslöst, bei den Hirten und bei den Engeln sogar. Sie berichtet auch vom Frieden, der durch dieses Kind in die Welt kommen soll. Dieser Frieden sei immer größer, als das, was wir Menschen an Frieden zustande kriegen, behauptet die Geschichte. Und über allem lässt sich die Botschaft der Engel hören und bildet den Grundton: „Fürchtet Euch nicht!“

Darauf gehen wir jetzt zu. Weihnachten unter besonderen Umständen. Von heute bis Heiligabend sind’s noch vier Tage. Vier Tage, die einem bewusst machen können, was auf uns zukommt. Ein anderes Weihnachtsfest, keins wie jedes Jahr. Vielmehr eines, bei dem das Eigentliche der Weihnachtsbotschaft hell strahlen kann. Gott ist bei seinen Menschen. Wir sind nicht allein. Wir sind nicht nur die Ratlosen und die Verunsicherten. Fürchtet Euch nicht.

Wer sich weniger fürchten muss, kann mutiger sein. Und zum Beispiel ein bisschen mehr auf die achten, die es jetzt besonders schwer haben. Mit einem Brief, mit dem Vorlesen einer Geschichte durchs Telefon, mit dem Verschicken eines kleinen Geschenks kann man das weitergeben. Es sind das, glaube ich, alles kleine Zeichen, die das „Fürchtet Euch nicht“ in die Welt tragen wie ein helles Licht. Und mit ihm eine große Portion Zuversicht.

Ich wünsche Ihnen einen frohen vierten Advent und eine gesegnete Weihnachtszeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32286
weiterlesen...